Jeder kennt diese Situation: Man schiebt etwas so lange vor sich her, bis es fast unmöglich erscheint, es noch in Angriff zu nehmen. Wenn es sich aber um die Beerdigung der eigenen Frau handelt, wird es doch irgendwann brenzlig. So geht es N., der gerade seine Frau verloren hat und sich nun um die Beerdigung kümmern müsste, aber statt dessen irrt er verloren durch Dublin, ohne Geld, Plan oder Whiskey, während die Menschen um ihn herum ihren Verrichtungen nachgehen, als wäre nichts geschehen. Allein mit seiner Trauer und seinem Gedankenkarussell, weiß er weder wohin, noch was zu tun ist – und indem die Zeit verstreicht, wird es immer unmöglicher, nach Hause zurückzukehren, wo zu allem Überfluss noch die bösen Schwestern seiner Frau lauern. Typisch Ó Cadhain: komisch, skurril, sprachmächtig, tieftraurig und ohne jede Pathetik. Die unheimliche Nähe von Tragik und Komik durchzieht auch dieses letzte Meisterwerk des Autors, der nicht nur deshalb einer der Lieblingsdichter der Iren ist, betrachten sie sich selbst doch als Verkörperung eben dieser Nähe.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Spätestens seit der Alfred Kröner Verlag Mairtin O'Cadhains "Grabgeflüster" herausgebracht hat, ist Rezensentin Sylvia Staude erklärter Fan des irischen, 1970 verstorbenen Schriftstellers. Umso glücklicher ist die Kritikerin, dass nun auch dessen letzter Roman erschienen ist, erneut in brillanter Übersetzung der Keltologin Gabriele Haefs, wie Staude hinzufügt. In diesem Roman folgt sie amüsiert dem prokrastinierenden Witwer N., der es partout nicht hinbekommt, seine frisch verstorbene Frau zu beerdigen. Wie O'Cadhain in mitunter "derber" Sprache und in wirbelnden, sich "in den Schwanz beißenden Sätzen" N.s wirre Gedankengänge ausmalt, hat der Rezensentin gut gefallen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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