Das gibt es bereits, Romane, die statt einer offensichtlichen Handlung lediglich aus zwischen zwei Menschen ausgetauschten E-Mails bestehen. So ganz bekannt in „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer. Aber auch in dem wunderbaren Buch „Ist es Liebe? – Nein, es ist … unmöglich“ von Sarah Lotz.
Bei dem vorliegenden Roman aber handelt es sich um den Austausch von diversen Textnachrichten –…mehrDas gibt es bereits, Romane, die statt einer offensichtlichen Handlung lediglich aus zwischen zwei Menschen ausgetauschten E-Mails bestehen. So ganz bekannt in „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer. Aber auch in dem wunderbaren Buch „Ist es Liebe? – Nein, es ist … unmöglich“ von Sarah Lotz.
Bei dem vorliegenden Roman aber handelt es sich um den Austausch von diversen Textnachrichten – Mails, WhatsApp, SMS usw. – zwischen ganz vielen verschiedenen Menschen. Und dazu trägt sich das Ganze noch auf zwei Handlungsebenen zu.
Da haben wir einmal diejenigen, die all diese Textnachrichten lesen, Charlotte und Femi, und zwar im Auftrag von Roderick Tanner. Er übergibt die Texte an diese Beiden, von denen lange nicht klar ist, welche Funktion sie haben. Ihre Aufgabe ist es, anhand der Nachrichten, die sie durcharbeiten, einen Mordfall aufzuklären.
Das ist die zweite, eigentliche Handlungsebene. Alles trägt sich in einer englischen Kleinstadt zu. Diverse Menschen sind Teil einer Hobby-Theatergruppe und studieren ein neues Stück ein. Initiator und Regisseur ist Martin Hayward, dessen Frau Helen übernimmt wie stets die Hauptrolle. Auch seine Tochter Paige, ihr Mann Glen sowie ihr Bruder James und dessen Frau Olivia sind normalerweise Teil der Truppe. Doch Olivia ist mit Zwillingen hochschwanger und fällt daher aus. Paige hingegen ist anderweitig eingebunden, denn ihre zweijährige Tochter Poppy ist schwer erkrankt an einem sehr seltenen Tumor.
Es gibt etliche weitere Mitglieder der Theatergruppe, vor allem tritt die Krankenschwester Isabel in Erscheinung sowie eine Freundin der Familie Hayward, Sarah-Jane.
Sarah-Jane insbesondere legt sich sehr ins Zeug, als es darum geht, sehr hohe Spenden zu sammeln, um das extrem teure Medikament für Poppy bezahlen zu können, ohne das es anscheinend keine Heilung für das Kind geben kann.
Isabel hingegen setzt sich dafür ein, dass ihre neue Kollegin Samantha in die Theatergruppe aufgenommen wird. Zu dieser baut Isabel ein geradezu symbiotisches Verhältnis auf, wird nahezu besessen davon, die allerbeste Freundin Samanthas zu werden. Die im Übrigen eine der nur zwei Figuren des Romans ist, von denen keine Textnachrichten vorkommen.
Die Handlung zusammenzufassen ist nicht einfach, da vieles parallel läuft und auch vieles gleichzeitig geschieht. Dabei „geschieht“ lange im Grunde gar nicht viel. Es geht immer nur um das Theaterstück, die Proben, die Rollenverteilung und es geht um die Sammlung von immens hohen Spenden durch Tombolas, eine Spendengala und diverse andere Wohltätigkeitsveranstaltungen.
So dauert es lange, bis wirklich dramatisches sich ereignet, bis sich herausstellt, dass das gesammelte Geld fast vollständig verschwunden ist und bis schließlich ein Mitglied der Gruppe ermordet aufgefunden wird. Doch trotzdem ist der Roman nie langweilig, ist man unglaublich nah an den Figuren, selbst wenn sie in ihren Nachrichten scheinbar völlig belangloses mitteilen.
Aus diesen Belanglosigkeiten die wichtigen Details herauszufinden, das wird dann am Ende zur Aufgabe für Charlotte und Femi, die beiden für den Anwalt Tanner arbeiten. Der dafür sorgen möchte, dass nicht jemand unschuldig für den Mord bestraft wird, sondern der wahre Täter oder die wahre Täterin.
Man liest nahezu atemlos durch dieses Buch, immer auf den entscheidenden Hinweis, die entscheidende Aktion wartend. Die Figuren sind, obwohl ja nur anhand der von ihnen verschickten Nachrichten, ungemein plastisch dargestellt, alle haben ihr Profil, jede und jeder ist durch bestimmte Eigenarten erkennbar.
Manches ist verwirrend, denn auch Nachrichten von Außenstehenden werden gezeigt, deren Bedeutung man erst viel später erkennt. Dabei sind viele Nachrichten absolut lebensecht dargestellt, mit Werbung in der Fußnote oder Tippfehlern und dergleichen.
Über all das als Verfasserin den Überblick zu behalten ist sicher wirklich schwer und daher umso bewundernswerter. Mich hat dieser Roman wirklich überzeugt, trotz der langen Einführung bis zum eigentlichen Ereignis. Weitere Romane von dieser Autorin werde ich ganz sicher lesen.
Janice Hallett - Die Aufführung
aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Atrium, November 2024
Gebundene Ausgabe, 528 Seiten, 24,00 €