Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,7, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sprache: Deutsch, Abstract: "Zur Erklärung dieser letzten Erzählung füge ich nur hinzu, dass nicht nur sie peinlich, dass vielmehr unsere allgemeine und meine besondere Zeit gleichfalls sehr peinlich war und ist und meine besondere sogar noch länger peinlich als die allgemeine."1 Mit diesen bedeutungsschweren Worten rechtfertigt Franz Kafka (1883 - 1924) im Oktober 1916 seine Erzählung "In der Strafkolonie" in einem Brief an Kurt Wolff. Der Schriftsteller reagierte damit auf eine vorangegangene Aussage seines Verlegers, der trotz einer gewissen Begeisterung und Faszination für die Erzählung die Peinlichkeit im Text rügte und aus diesem Grund eine Veröffentlichung des Werks scheute. Unter dieser angesprochenen Peinlichkeit versteht Wolff die auffällig brutalen und sadomasochistischen Schilderungen, die in einer Detailgenauigkeit und Intensität dargeboten werden, die in keinem anderen Werk Kafkas - weder vor noch nach "In der Strafkolonie" erscheinen sollten. Neben der möglichen Verletzung des zeitgenössischen sittlichen Empfindens unter der Leserschaft liegt ein weiterer Grund für den vorsichtigen Umgang des Verlegers mit dem Werk wohl in einer nicht unbegründeten Angst vor einer drohenden, staatlichen Zensur. Bedenkt man den zeitgeschichtlichen Hintergrund - seit über zwei Jahren tobt der 1.Weltkrieg in Europa - dann werden die beschriebenen Szenen in der Strafkolonie leicht Assoziationen an die Praxis von militärischen Standgerichten erwecken, die die allgemeine Kriegspropaganda jener Zeit durch die im Werk geschilderte Grausamkeit und Brutalität kontrastieren. Schon nach der Fertigstellung des Werkes im Oktober 1914 wurde Kafkas ursprünglicher Plan, die Erzählung zusammen mit "Das Urteil" und "Die Verwandlung" unter dem Titel "Strafen" zu publizieren, mit der Begründung der Unverkäuflichkeit abgelehnt. Dieser Wunsch des Autors, dem nicht stattgegeben wurde, macht schon darauf aufmerksam, dass die zwei 1912 veröffentlichten Erzählungen in einem engen Zusammenhang mit "In der Strafkolonie" stehen. Ebenso verhält es sich bei "Der Prozess", an dem Kafka seit Sommer 1914 arbeitet. Seine Schreibtätigkeit daran bricht er Anfang Oktober ab und widmet sich der Arbeit an "In der Strafkolonie", die er nach zwei Wochen abschließen kann. In allen vier Erzählungen greift Kafka die Strafthematik auf und verarbeitet seine biographisch bedingten Straffantasien, die eng mit seinen Schuldgefühlen zusammenhängen.
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