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Die Besatzung des ,3001´ geht nicht unter, wie es das Titelfoto suggeriert, auch wenn die großen und kleinen Katastrophen des Kinoalltags regelmäßig für Grundberührung sorg(t)en. Die Fähre im Sturm ist eine optische Täuschung, sagt aber mehr als tausend Worte - nachzulesen in den offiziösen Berichten an die Beauftragte(n) der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) von 2002 bis 2016. Die Berichte sind Bestandteil der jährlichen Bewerbung der 3001-Betreiber um einen Preis des BKM für die besten Kinos der Bundesrepublik. Teils in der Annahme, die Berichte lese sowieso niemand, teils aus…mehr

Produktbeschreibung
Die Besatzung des ,3001´ geht nicht unter, wie es das Titelfoto suggeriert, auch wenn die großen und kleinen Katastrophen des Kinoalltags regelmäßig für Grundberührung sorg(t)en. Die Fähre im Sturm ist eine optische Täuschung, sagt aber mehr als tausend Worte - nachzulesen in den offiziösen Berichten an die Beauftragte(n) der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) von 2002 bis 2016. Die Berichte sind Bestandteil der jährlichen Bewerbung der 3001-Betreiber um einen Preis des BKM für die besten Kinos der Bundesrepublik. Teils in der Annahme, die Berichte lese sowieso niemand, teils aus Mitleid mit den Kulturstaatsdienern verfasste Kinobetreiber Jens Meyer pure Lyrik über die reale und Gedankenwelt seiner 3001-Besatzung, weitab von drögem Wortgebrösel. Der für unverschämt viel Geld angereiste Starschauspieler aus Japan zerfetzt mit einem scharfen Messer, kunstvollem Satz und Getöse die neue teure Leinwand auf der Bühne anstatt den in die Luft geworfenen Apfel, wie es die Abmachung vorsah. Über den dauerverregneten sommerlichen Open-Air-Kinorasen rutschen tapfer dreizehn Unverdrossene in Gummistiefeln ... – Die Katastrophen schwinden im Rückblick vor dem, was alles gelang. Treffsicher und selbstbescheiden erklärt Meyer in seiner Filmgeschichte, wie "in höchstens 15 Minuten" ein guter von einem schlechten Film zu unterscheiden ist, – großes Kino vom Hinterhof des historischen Montblanc-Gebäudes im Hamburger Schanzenviertel! Neben Dank, Lob und Anregung vom Publikum dafür gibt es genügend Erheiterung. Mit Collagen des Presseechos darauf und jeder Menge widerständiger Gedanken belegt die "Besatzung" ihr Auf und Ab. Das 3001 lässt kein Geheimnis geheim – weder die urkomischen Notizen aus dem internen "Nachrichtenbuch" noch die Gedanken über Gedeih und Untergang buchstäblich großer Kinos und derer, die sich als solches wähnten oder gern eines geblieben wären. Am 1. Mai 2016 existiert das - O-Ton Jens Meyer - "ungeschwätzige Produkt" mit nur 91 Plätzen 25 Jahre.
Autorenporträt
Jens Meyer - geboren 1946, als alle Kriege längst verloren waren. Kinosüchtig von kleinauf. Einer der ersten Filme, den er erinnert, war "Kalle Blomquist – der Meisterdetektiv": "Ich war sieben Jahre alt. Im Ha-Li-Bü (Hansa Lichtspiel Bühne in Hamburg-Bergedorf). Sonntagnachmittag, 15.30 Uhr, Kindervorstellung, alles legal, Eintritt 50 Pfennig. Meine Mutter schleppte mich in ,Sein oder Nichtsein´ in die Sonntagsmatinee. Ich konnte den Film damals nicht leiden. Im ,Filmeck´ gab es ,Vera Cruz´. Ich war vielleicht neun oder zehn Jahre alt, der Film war ab zwölf. Den Trick aus ,Taschengeld´ kannten meine Freunde. Ich war der, der über den Notausgang an der Kassenfrau vorbeikam. Umwege sind ein Steckenpferd von mir." Lehre zum Maschinenschlosser, Seefahrtzeit, Studium zum Ingenieur, Ehe, Kinder, Schlosser, Wohngemeinschaft, Studium an der dffb ("mit Proletenrabatt" – O-Ton Meyer), Filmverleiher, dann wieder Schrauben zusammenziehen, bis er endlich 1983 das "Duckenfeld im Oelkerscafé" anfing, ein kleines Kino mit 23 Plätzen. Der erste Film: "Sein oder Nichtsein" von Ernst Lubitsch. 1991 fing er dann (zusammen mit zwei Freunden – der eine ist verstorben, der andere nicht mehr sein Freund) das "3001 Kino" in der ehemaligen Füllhalterfabrik Montblanc an. Die drei hatten die Nase voll vom Hamburger Einheitsbrei. Neunzig Kinos und überall die gleichen Filme. Das 3001 sollte eine Alternative sein. Das ist es bis heute. Die Anträge ans BKM hat Meyers Teilhaber Carl initiiert. Zu den Texten, die sie lieferten, wollten sie etwas Persönliches anfügen, damit die Leute im Gremium, die die Anträge bewerten sollten, sich nicht langweilen, getreu dem ewigen Gesetz von Ignaz Wrobel: "Du sollst nicht langweilen". Und einmal hat das 3001 Kino den ersten Preis des BKM* auch bekommen. *BKM: Einmal im Jahr können Filmtheater bei der Bundesregierung einen Antrag auf einen Kino-Preis stellen. Dazu muss man sämtliche Filmtitel der gezeigten Filme (inkl. Zuschauerzahlen) in eine Tabelle eintragen und beschreiben, was man sonst noch so Tolles veranstaltet hat, um die Leute ins Kino zu locken. Danach zwölfmal kopieren (Waren es zehn Exemplare?) und rechtzeitig zum Einreichtermin (der meist kurz nach der Berlinale liegt) an die Behörde schicken. Wenn man Glück hat, wählt ein Gremium das Kino aus und die jeweilige "Kulturministerin" (zurzeit Monika Grütters) übergibt dem Kino einen Preis, der zwischen 2.500,00 Euro und 30.000,00 Euro liegen kann. Für Filmverleiher gibt es diesen Preis auch, der beträgt zurzeit dreimal 75.000 Euro.