Fidelis Lorentz ist Komponist und verdient sein Brot mit Titelmelodien für Fernsehfilme. Als er einen Anruf von seiner großen Liebe J. erhält, ahnt er, dass sie sich trennen will, und steigt kurzerhand in den Zug. Sein Ziel: Pjöngjang, denn wenn man gegen die Zeit anrennen will, dann nur gen Osten. Während die verschneiten Weiten Sibiriens an ihm vorbeiziehen, reist er gedanklich in die Vergangenheit: zu seinem Urgroßvater, in dessen Fernweh Fidelis sich wiederfindet - ein Träumer aus dem Bayerischen Wald, der als Matrose zur See fuhr und später im Dorfteich ertrank. Zur Großmutter, selbst beim Beten pragmatisch, die nichts von Heiligen hielt und sich immer direkt an die höchste Instanz wandte. Zu ihrem Mann, Berufssoldat in der Wehrmacht, der den Anblick von Waffen nicht ertrug. Sie alle rebellierten auf ihre Weise gegen die provinzielle Enge und die Erwartungen an sie, behaupteten ihr eigenes Leben. Nach und nach enthüllt sich auch die Gegenwart - und Fidelis' verlorene Liebe zur mysteriösen J. Konstantin Ferstl erzählt sprachgewaltig, dabei voller Zärtlichkeit und Witz, über die Liebe, das Scheitern und das widerspenstige Leben der Menschen auf dem Land. Ein virtuoses Familienepos, eine deutsche Mythologie des 20. Jahrhunderts.
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Ein großartiger Humor, der genau das richtige Wort, genau die richtige Anspielung findet. Jury des Literaturstipendiums der Landeshauptstadt München
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Ganz schön erschöpft fühlt sich Rezensent Ismael Berrazouane nach der Lektüre von Konstantin Ferstls Buch, und doch blickt er erfüllt darauf zurück. Ein aufregendes Spannungsverhältnis sieht Berrazouane darin: Die Weite, die der Protagonist Fidelis Lorentz sucht, spiegelt sich in der schwirrenden Menge an Referenzen, die das Buch enthält. Lorentz begibt sich auf eine Reise in den Osten, auf der Flucht vor einer zu Grunde gehenden Beziehung. Und Ferstl sammelt alles, was es für den Protagonisten auf dem Weg zu sehen gibt. Dabei entsteht für den Rezensenten eine reizvolle Mischung aus "Monumentalität und Lakonie": Großes und Kleines, Öffentliches in Form von Landschaften und Architekturen und Intimes kommen zusammen. Berrazoune sieht darin auch ein Spiel mit Zeitstrukturen, in dem das Vergehen als Erinnerung festgehalten werden soll. Ein "weitreichender Roman", der sich wie ein Schienennetz entfaltet, hält schließlich der Rezensent fest.
© Perlentaucher Medien GmbH
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