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Lange herrschte die Überzeugung vor, dass sich die Erfolgs- und Identitätsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland wesentlich einer prosperierenden Ökonomie verdankte und dass der westdeutsche Teilstaat im Schatten des Eisernen Vorhangs zum Profiteur des Kalten Krieges wurde, ohne eine "geistige Vorstellung" seiner selbst zu bedürfen. Konservative und linke Kritiker waren sich einig darin, geringschätzig auf ein "Land ohne Idee" herabzublicken. Diese Sichtweise bedarf einer Korrektur, denn sechzig Jahre Bundesrepublik eröffnen auch eine überzeugende ideenpolitische Perspektive, die über den…mehr

Produktbeschreibung
Lange herrschte die Überzeugung vor, dass sich die Erfolgs- und Identitätsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland wesentlich einer prosperierenden Ökonomie verdankte und dass der westdeutsche Teilstaat im Schatten des Eisernen Vorhangs zum Profiteur des Kalten Krieges wurde, ohne eine "geistige Vorstellung" seiner selbst zu bedürfen. Konservative und linke Kritiker waren sich einig darin, geringschätzig auf ein "Land ohne Idee" herabzublicken. Diese Sichtweise bedarf einer Korrektur, denn sechzig Jahre Bundesrepublik eröffnen auch eine überzeugende ideenpolitische Perspektive, die über den gesamten Zeitraum seit der Entstehung des Grundgesetzes Konturen gewinnt. In der Rückschau zeigt sich die Entwicklung einer stabilen liberalen Ordnung eigenen Rechts, denn das Wirtschaftswunderland hat durchaus eigenständige politische Ideen hervorgebracht - ob im Hinblick auf eine ordoliberale soziale Ökonomie, diskurstheoretische oder liberalkonservative Begründungen des demokratischen Verfassungsstaates. Die politischen Debatten und Selbstverständigungsdiskurse waren dabei vielfältig und offen. Nicht nur die Auseinandersetzungen mit den Protestbewegungen seit den 1960er Jahren und anlässlich der Wiedervereinigung nahmen Einfluss auf die politische Kultur: Die Ideengeschichte der Bundesrepublik bietet insgesamt eine essentielle "Vorratsreflexion", deren Bestände politischtheoretischen Denkens es angesichts gegenwärtiger Herausforderungen neu zu evaluieren gilt - sei es zur Zukunft des Wohlfahrtsstaats, zu Fragen des Bürgerengagements, der Effizienzsteigerung des politischen Systems, zur politischen Gerechtigkeit oder zur Sicherung bürgerlicher Freiheiten.

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Autorenporträt
Jens Hacke, Dr. phil., studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2001 bis 2008 war er dort wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrbereich "Theorie der Politik" (Prof. Dr. Herfried Münkler). Er wurde 2005 mit einer Arbeit zur politischen Philosophie in der Bundesrepublik promoviert und erfüllt seit 2007 einen Lehrauftrag am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hamburg. Seit 2008 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich "Die Gesellschaft der Bundesrepublik " am Hamburger Institut für Sozialforschung.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jens Hackes Ideengeschichte der Bundesrepublik hat Jens Bisky nicht vom Hocker gerissen. Der Rezensent hat das schmale Buch als Gegenstück zu Friedrich Sieburgs 1954 erschienenem Werk "Die Lust am Untergang" gelesen, in dem der Autor ein fehlendes nationales Gefühl für die Bundesrepublik diagnostiziert. Bei Hacke nun werden die "buchenswerten Kommentare und Selbstdeutungen", die die Bundesrepublik dann doch von sich selbst entwickelt hat, vorgeführt, wobei sie für ihn anscheinend nicht wirklich überzeugend in die Idee einer "liberalkonservativen Bürgerlichkeit" münden, wie Bisky feststellen muss. Ihm fehlt in dieser Studie das Konkrete, Pointierte, vieles bleibe bei dem Historiker im "Halbdunkel", weshalb eine gewisse Ermüdung beim Lesen eintritt, wie der Rezensent klagt. Das findet er umso bedauerlicher, als er dem 1973 geborenen Autor solide Kenntnis in der Geistesgeschichte der Bundesrepublik zuerkennt. Aber Hackes Befunde sind ihm einfach zu wenig in der historischen Wirklichkeit verankert, und so bleibt seine "Republik bei sich und mit sich allein", wie Bisky kritisiert.

© Perlentaucher Medien GmbH