Der vorliegende Band erschließt zwei unterschiedliche katechetische (religionspädagogische) Schriften Leo N. Tolstois. In einem Brief vom 6. November 1877 schreibt der Dichter: "Vor ein paar Tagen war ich in einer Stunde dabei, als ein Priester Kindern den 'Katechismus' lehrte. Das war alles so widerlich. Es war so offensichtlich, dass die klugen Kinder diese Worte nicht nur nicht glauben konnten, sie konnten gar nicht anders, als sie zu verachten, deshalb wollte ich den Versuch wagen, in Form eines Katechismus das auszudrücken, was ich glaube". Zu jenem Zeitpunkt steht der Verfasser der Kirche noch nahe, betont jedoch: "Es gibt nur ein wahres Glaubenswissen, nämlich jenes, das allen Menschen gemeinsam ist". Der christliche Glaube sei "in dem Maße wahr, wie er das in die Herzen der Menschen offenbarte Glaubenswissen offenlegt". Zwei Jahrzehnte später beendet Tolstoi die Arbeit an dem kleinen Werk "Die Christliche Lehre" (1894-1897), das er in einer vorläufigen Fassung zur Veröffentlichung freigibt. Die zweite in dieser Neuedition enthaltene katechetische Schrift ist das Buch "Die christliche Lehre, dargelegt für Kinder" (1908). Es geht darin um die Bibelarbeit mit den Evangelien, jedoch nicht immer wortgetreu. Jesus lehrt: "Es gibt nur einen Tempel Gottes, das sind die Herzen der Menschen, wenn sie einander lieben." Simon Petrus imponiert mit einem gleichsam tolstojanischen Christus-Bekenntnis: "Meiner Meinung nach lehrst du, dass der Geist Gottes in jedem Menschen lebt und dass deshalb jeder Mensch ein Sohn Gottes sei." Tolstoi-Friedensbibliothek Reihe A, Band 10 (Signatur TFb_A010) Herausgegeben von Peter Bürger Editionsmitarbeit: Ingrid von Heiseler & Katrin Warnatzsch
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