Studienarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,0, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Germanistik), Veranstaltung: Europäische Erzähler im Realismus, Sprache: Deutsch, Abstract: Adalbert Stifters „Brigitta“ und Gustave Flauberts „Un cœur simple“ (zu deutsch: „Ein schlichtes Herz“) lassen sich in eine Reihe an Werken des Realismus einordnen, die sich mit Frauenschicksalen beschäftigen. Das Porträt einer einzelnen Frau kann sogar als ein spezifisches Phänomen der realistischen Literatur gesehen werden. Dies lässt sich mit der besonderen Stellung der Frau im 19. Jahrhundert begründen: Die an Familie und Ehemann gebundene „Determiniertheit“ war wie geschaffen für tragische Prosa. Dass die Unterdrückung der Frau vor allem im 19. Jahrhundert besonders ausgeprägt war, lässt sich unter anderem mit den ökonomischen Veränderungen und der Entwicklung des Bürgertums erklären. Das Leben wurde in einen öffentlichen und einen privaten Bereich aufgespalten. Frauen wurden fast vollständig aus der Produktionssphäre sowie aus den entscheidenden Bereichen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen, ihnen wurden die Aufgabenbereiche der Haus-, Ehefrau und Mutter zugewiesen und damit ihre bürgerliche Gleichberechtigung verhindert. Andererseits ist das 19. Jahrhundert auch eine Zeit des politischen und sozialen Umbruchs und besonders gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich verstärkt Emanzipationsbestrebungen der Frauen. Vor diesem Hintergrund bietet sich die kontrastive Untersuchung zweier literarischer Frauenschicksale jener Zeit an. Die Werke „Brigitta“, erstmals 1844 veröffentlicht, sowie „Ein schlichtes Herz“, 1877 als Buchausgabe in Frankreich erschienen, wurden als Beispiele für Frauenporträts für diese Analyse ausgewählt, weil sie nicht nur zwei unterschiedlichen Nationalliteraturen entspringen, sondern auch zwei Frauen aus jeweils verschiedenen gesellschaftlichen Schichten darstellen und sich daher gut einander gegenüberstellen lassen. Hierbei erscheint die Frage erforschenswert, ob die untersuchten literarischen Frauencharaktere, die ja zur Zeit des Realismus entstanden sind, als typisch für diese Epoche des 19. Jahrhunderts dargestellt werden. Welches Frauenbild wird gezeigt? Um diese Fragen zu beantworten, wird versucht, durch eine schrittweise Analyse von „außen“ nach „innen“ ein ganzheitliches Bild der beiden Protagonistinnen zu entwerfen.