Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Politik - Thema: Frieden und Konflikte, Sicherheit, Note: 1,3, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Politische Wissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Abschliessend möchte ich einen Erklärungsansatz vorschlagen, der die subjektive Dimension der Geschichte der Julikrise mit allgemeinen Handlungsmustern verbindet. In Anlehnung an Gregory Bateson fasse ich Konflikte als Lernprozesse auf.1 Unter Lernen kann ein adaptiver Prozess verstanden werden, in dem ein System sich durch „Rückkoppelungsschleifen“ seiner Umwelt nach den Prinzipien Versuch und Irrtum anpasst. Lernen bedeutet eine Problemlösungskompetenz, die Gewohnheiten entwickelt, nicht nur einzelne Probleme, sondern ganze „Klassen“ von Problemen zu lösen. Diese Fähigkeit bezeichnet Bateson als „lernen, zu lernen“ oder „deutero-lernen“. Genau an dieser Aufgabe scheiterte die deutsche Politik in der Julikrise. Die Logik des Schlieffenplans, die Haltung des „Jetzt oder nie“ oder die Einstellung „Not kennt kein Gebot“ waren starre Handlungsmuster, die eine erfolgreiche Anpassung der Politik an ihre internationalen Kontexte verhinderte. Die deutsche Politik war im internationalen Konflikt des Julis 1914 nicht mehr in der Lage, durch Lernprozesse diese Muster aufzubrechen. Sie war zwar fähig, taktische Einzelentscheidungen zu treffen, vermochte aber nicht mehr, Erfahrungen mit ihren Gewohnheiten zurückzukoppeln, hatte also die Fähigkeit des Deutero-Lernens verloren. Im Gegenteil, subjektiv gesehen schienen sich die starren Muster immer mehr zu bestätigen und bestärkten dadurch die Überzeugung der Reichsleitung, dass ein Waffengang unvermeidlich war, um dem Dilemma der eigenen Politik zu entkommen.