Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Ausbildung, Organisation, Note: 1,0, Georg-August-Universität Göttingen (Institut für Soziologie), Veranstaltung: Industrielle Beziehungen in Deutschland unter den Bedingungen von Finanzialisierung und Globalisierung, Sprache: Deutsch, Abstract: Die deutschen Gewerkschaften stehen unter Druck. Schlagworte wie Erosion des Flächentarifvertrags, Mitgliederschwund und Globalisierung stehen für Problemlagen, welche die Legitimationsgrundlage und die Existenz der Gewerkschaften in Deutschland in Frage stellen. Keiner dieser Bereiche ist jedoch vollkommen losgelöst von den anderen Problemlagen, so dass es auf Grund der vielfältigen Verflechtungen und der unklaren Kausalitätslage schwierig ist, geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Ein Feld, welches Ansatz und Lösung des gewerkschaftlichen Dilemmas verspricht, ist die viel zitierte und geforderte Europäisierung der Tarifpolitik und damit verbunden eine gewerkschaftliche Neuorientierung, die mit bildhaften Phrasen wie „Aufbruch in eine neue Ära“ oder „Vorwärts zu den Wurzeln“ umschrieben werden kann. Es ist jedoch fraglich, ob es gelingt, ein System, das seit über einem Jahrhundert gewachsen ist und sich auch in dieser Zeit sämtliche Spielräume hart erkämpfen musste, durch Neuorientierung auf die Ebene der Europäischen Union zu transformieren, um die Menschen der verschiedenen Länder unter einem gemeinsamen Verbund im Namen europäischer Solidarität zu vereinen. Die vorliegende Arbeit möchte sich daher den Möglichkeiten und den Barrieren europäischer Tarifpolitik annehmen, welche sich den deutschen Gewerkschaften in ihrer Gesamtheit bieten. Die Problemstellung globalisierter Wirtschaftsbeziehungen erstreckt sich zwar nicht nur auf Europa. Dennoch sollen die Ausführungen auf den Kontext der Europäischen Union beschränkt bleiben, da dies der gegenwärtig fortgeschrittenste transnationale Wirtschaftsraum ist und sich eine umfassende Internationalisierung der Tarifverhandlungen wenn überhaupt zunächst auf diesen Raum erstrecken wird. Zudem unterliegt Globalisierung immer der regionalen Wahrnehmung, so dass für Europäer Globalisierung in erster Linie Europäisierung bedeutet (Zimmer 2002: 155). Zunächst sollen in diesem Rahmen die Problemlage und die Situation umschrieben werden, welche die deutschen Gewerkschaften zu einer Auseinandersetzung mit der Integration einer europäischen Gewerkschaftspolitik drängt. Im Anschluss daran folgt eine Darstellung und Bewertung der verschiedenen tarifpolitischen Ansätze auf europäischer Ebene, um auf dieser Grundlage in einem Fazit und kurzem Ausblick, eine Einschätzung möglicher Entwicklungstendenzen und damit verbunden zukünftiger Erfolgaussichten einer kollektiven europäischen Tarifpolitik geben zu können.