Rätselhaft, verschachtelt, mystisch, genial, … , Perutz
In diesem Erstlingswerk von Leo Perutz aus dem Jahre 1915 deutete sich bereits sein Stil an, der ihn zu einem der kreativsten Literaten des 20. Jahrhunderts machte. „Die dritte Kugel“ ist wohl durchdacht konstruiert und lässt bewusst Fragen
offen.
Es handelt sich um einen Roman mit historischem Hintergrund. Figuren und Handlungen sind…mehrRätselhaft, verschachtelt, mystisch, genial, … , Perutz
In diesem Erstlingswerk von Leo Perutz aus dem Jahre 1915 deutete sich bereits sein Stil an, der ihn zu einem der kreativsten Literaten des 20. Jahrhunderts machte. „Die dritte Kugel“ ist wohl durchdacht konstruiert und lässt bewusst Fragen offen.
Es handelt sich um einen Roman mit historischem Hintergrund. Figuren und Handlungen sind teilweise erfunden. Die Geschichte steckt, wie auch „Der schwedische Reiter“, voller Abenteuer, Tragik, Liebe und Schicksal. In beiden Romanen geht es um Identitäten, die in „Der schwedische Reiter“ aber raffinierter aufbereitet wurden.
Auch die Mystik kommt nicht zu kurz. Hierzu gehören der Pakt mit dem Teufel und das Geheimnis der drei Kugeln. Auch sind Traum, Vision und Realität nicht immer scharf zu trennen. Dies gilt insbesondere für die Querverbindungen der Metaebene in den Kapiteln „Der Wein des Doktor Cremonius“ und „Die dritte Kugel“ mit der Handlungsebene bei den Indios, die den größten Teil des Buches ausmacht.
Nicht alle Geheimnisse können gelüftet werden, was der Autor unnachahmlich in der Szene mit dem Alchimisten zum Ausdruck bringt. „Was lag auf des Bechers Grund?“ (18) ist eine Metapher für das Rätselhafte im Leben des Hauptmanns Glasäpflein. Hat die dritte Kugel ihren Weg gefunden? So wie der Mensch sich nicht selbst widerspruchsfrei entschlüsseln kann, bleibt auch in dem Roman ein Widerspruch enthalten, der nicht aufgelöst werden kann.
Der Roman bewegt sich auf mehreren Ebenen, wie es Perutz später in „Der Meister des jüngsten Tages“ und „St. Petri-Schnee“ perfektioniert hat. Autoren der Neuzeit, z.B. Daniel Kehlmann („Ruhm“), orientieren sich hinsichtlich der Art der Konstruktion an Perutz, ohne ihn jedoch literarisch zu erreichen. Als Leser darf man sich nicht daran stören, dass der Einstieg in die Geschichte etwas beschwerlich ist (gilt auch für andere Romane von Perutz). Belohnt wird der Leser durch erstklassige Literatur, die in der heutigen Zeit ihresgleichen sucht.