Studienarbeit aus dem Jahr 2017 im Fachbereich Filmwissenschaft, Note: 1,3, Universität Duisburg-Essen (Germanistisches Institut), Veranstaltung: Märchen intermedial, Sprache: Deutsch, Abstract: Lediglich 61 der insgesamt 211 Grimm-Texte werden durch eine weibliche Heldenfigur bestimmt. Das sind nicht einmal 30 % der Märchen, die noch heute als eines der beliebtesten Genres der Kinderliteratur gelten. Obwohl in fast jeder Geschichte eine Frau im Fokus der Erzählungen steht, wird die entscheidende Heldenrolle meist von einer männlichen Figur übernommen. Dies gibt Anlass dafür, Adaptionen klassischer Märchen auf mögliche neue Entwicklungen und zeitgenössische Auseinandersetzungen, die der heutigen emanzipierten Gesellschaft entsprechen, zu untersuchen. Denn Volksmärchen, vor allem die der Brüder Grimm, geltenden nicht nur als Prototyp der kindgerechten Erzählliteratur, sondern sind und waren auch immer ein beliebtes Mittel der Unterhaltungsindustrie. Seither bedienen sich die verschiedensten Sparten an diesem historischen, aber zeitlosen Stoffreservoir und scheuen keine Aktualisierungen der Erzählungen: Neben Umsetzungen und Adaptionen in Theater, Oper, Ballett und Musical, sind es heutzutage vor allem die audiovisuellen Realisierungen, die am häufigsten erkannt und rezipiert werden. In Deutschland begann der Film als Medium für Kinder 1910 mit der Inszenierung von traditionellen Märchen und Sagen. Allen voran erlangte Paul Lenis 'Dornröschen' (1917), auch aufgrund der zeitlosen „Action- und Romance-Aspekte“ des Märchenstoffes, große Bekanntheit. Bis heute wurde das Märchen der schlafenden Schönheit unzählige Male neu inszeniert und interpretiert. Die neueste Adaption des Grimm’schen Klassikers durch die Disney-Fabrik ist Anlass der vorliegenden Arbeit, die sich mit der medialen und thematischen Aktualisierung der Heldenfigur der Dornröschen-Geschichte auseinandersetzt und dazu konkrete Vergleiche zum Originaltext der Brüder Grimm aus dem Jahr 1857 zieht. Der Vergleich zweier so verschiedener Medien wie Print und Audiovision ist jedoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Zunächst können viele Aspekte nur erschwert direkt gegenübergestellt werden. Zudem liegen zwischen den beiden Fassungen rund 150 Jahre, in denen sich Raum, Zeit, Kultur und Wahrnehmung stark gewandelt haben. Dennoch soll die vorliegende Arbeit einen Ansatz bieten, die gemeinsame Thematik, besonders hinsichtlich des gesellschaftlichen Zeitgeschehens vergleichend zu betrachten. Findet eine Emanzipation der Heldenfigur statt? Falls ja, auf welche Weise und welche Gründe könnte ein Rollenwechsel mit sich tragen?