Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Dolmetschen / Übersetzen, Note: 2,1, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Romanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Auch über 60 Jahre nach dessen Veröffentlichung sind Le deuxième sexe und seine Autorin Simone de Beauvoir Gegenstand zahlreicher Debatten und widersprüchlicher Zuschreibungen im feministischen Diskurs: Von den einen als "Bibel des Feminismus" und theoretische Basis eines hochaktuellen Denkens von Geschlechterdifferenz lobgepriesen, wird das Werk von anderen als veraltet und essentialistisch verhaftet, sowie seine Autorin als misogyne, männlich dominierte Verfechterin fragwürdiger Theorien zu Weiblichkeit und insbesondere weiblicher Körperlichkeit aus dem Blickfeld feministischen Interesses ausgegrenzt. Auch wird Beauvoirs 1949 publizierte phänomenologisch-existentialistische Analyse des weiblichen Subjektstatus im Patriarchat erst seit Mitte der 1980er Jahre als philosophisches Werk diskutiert, und dies wiederum ausschließlich von Seiten feministischer Forscherinnen. Diese widersprüchliche Rezeptionssituation, verbunden mit dem Profil des Übersetzers H.M. Parshley als emeritiertem Professor der Zoologie, sowie der Beobachtung, dass der Diskurs um Beauvoir und Le deuxième sexe hauptsächlich im anglophonen Sprachraum verwurzelt ist, rufen die Frage nach einem diskursverändernden Einfluss der englischen Übersetzung wach. Auf Grundlage des theoretischen Hintergrunds von Polysystemtheorie und Descriptive Translation Studies möchte ich The Second Sex in einem vielschichtigen normativen Wirkungsgefüge verorten, wobei nicht nur die Rolle des Übersetzers und des Verlags bei der Übersetzungsproduktion besprochen werden soll, auch der Diskurs um Beauvoir als Feministin und Philosophin wird als gleichsam durch das Werk konstituierter und das Werk konstituierender Paratext betrachtet. Die Analyse der Übersetzung, welche sich auf die besonders kontrovers diskutierten diskursiven Schnittstellen Geschlechterdifferenz und -beziehungen, weiblicher Körper und Mutterschaft fokussieren wird, soll deshalb in eine Untersuchung von Beauvoirs Status als Philosophin, sowie der wechselhaften Rezeptionsgeschichte des Werks eingebunden werden. In diesem Kontext möchte ich auch für einen diskursiven Einfluss von The Second Sex weit über die Sprachgrenzen des anglophonen Raums hinausgehend, und paradoxerweise gerade auch eine Beeinflussung des französischsprachigen Diskurses, argumentieren. Die Frage nach den diskursiven Wechselwirkungen zwischen Übersetzung und Rezeption stehen somit im Mittelpunkt meiner Besprechung dieses Klassikers der Frauen- und Geschlechterstudien.
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