Studienarbeit aus dem Jahr 2000 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,7, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Germanistisches Seminar, Abteilung für Deutsche Sprache und Ältere Literatur), Sprache: Deutsch, Abstract: Worin liegt Iweins Schuld? Die Beantwortung dieser Schlüsselfrage in Hartmann von Aues „Iwein“ beschäftigt die Forschung seit Jahrzehnten. Zwei unterschiedliche Positionen haben sich im Laufe der Zeit herausgebildet und zunehmend verfestigt: Auf der einen Seite die „Terminversäumnistheorie“, deren Vertreter Iweins Schuld im Versäumen der ihm von Laudine auferlegten Jahresfrist und der dadurch ausbleibenden Pflichterfüllung als Landesherrn sehen, auf der anderen Seite die „Erschlagungstheorie“, deren Anhänger Iweins Vergehen in die Eingangsaventiure verlegen und die Herausforderung und Tötung Askalons als Iweins Schuld ausmachen. Beide Lager sehen ihre Position als einzig wahre und universal geltende Antwort auf die Schuldfrage im „Iwein“ an. Die gegensätzlichen Standpunkte scheinen unvereinbar. 1978 unternahm Gert Kaiser in seiner Arbeit „Textauslegung und gesellschaftliche Selbstdeutung: Die Artusromane Hartmanns von Aue“ den Versuch, die beiden konträren Ansichten miteinander zu verbinden und die bisherige Polarisierung in der Schuldfrage zu durchbrechen. Er vertrat die Meinung, daß Iweins tatsächliche Schuld in der Entehrung und Bloßstellung seiner Gemahlin Laudine vorzufinden ist, hervorgerufen durch das Zusammenwirken beider Verfehlungen: Sowohl durch die Erschlagung Askalons als auch durch das Fernbleiben und das Mißachten der landesherrschaftlichen Pflichten.