Der französische Schriftsteller und Essayist Étienne Kern erzählt in seinem ersten Roman „Die Entflogenen“, der gleich mit dem Prix Goncourt du premier roman ausgezeichnet wurde, die Geschichte von Franz Reichelt, einem österreichischen Schneider aus Böhmen, der nach Paris kam und eines Tages im
Jahr 1912 starb, als er mit dem von ihm erfundenen Fallschirmanzug vom Eiffelturm sprang.
Kern…mehrDer französische Schriftsteller und Essayist Étienne Kern erzählt in seinem ersten Roman „Die Entflogenen“, der gleich mit dem Prix Goncourt du premier roman ausgezeichnet wurde, die Geschichte von Franz Reichelt, einem österreichischen Schneider aus Böhmen, der nach Paris kam und eines Tages im Jahr 1912 starb, als er mit dem von ihm erfundenen Fallschirmanzug vom Eiffelturm sprang.
Kern schildert einfühlsam Reichelts Lebensweg von der Kindheit in Böhmen, von seinem Traum vom Fliegen und den Anfängen in der Pariser Couture in der Rue Gaillon und seinen ersten Flugversuchen. Nur allmählich wird er in Frankreich aufgenommen. Unerschütterlich glaubt er jedoch an seinen Erfolg und hält seine kühnsten Träume als Realität. Vielleicht würde die französische Armee seine Fallschirme bestellen. So würde er seinen Beitrag zur Gestaltung der Zukunft leisten. Doch dann das Unglück am Morgen des 4. Februar 1912 vor versammelten Polizisten, Journalisten, Neugierigen und laufender Filmkamera.
Die spannende Reichelt-Geschichte bietet dem Autor die Gelegenheit, kurze Passagen der Reflexion oder des Dialogs in die Erzählung einzubauen. Darüber hinaus setzt er sich mit Fragen auseinander, die ihn seit dem Tod zweier geliebter Menschen durch einen Fenstersturz beschäftigen.
Bei der Lektüre erfasst die LeserInnen eine gewisse Traurigkeit, besonders durch die persönlichen Reflexionen des Autors. Eine ergreifende Geschichte, in der Kern eine wahre Begebenheit von den Anfängen der Luftfahrt mit seiner persönlichen Geschichte vermischt. Eine weitere Stärke des Kurzromans besteht in der Schilderung des Lebens der Pariser Einwanderer auf der Suche nach Anerkennung und Aufstieg.
Der Schreibstil des sowohl biografischen wie auch historischen Teils des Romans ist feinfühlig und durchaus poetisch. Die 170 Seiten überraschen immer wieder mit Präzision, Sensibilität und Tiefe. Fazit: Eine sehr empfehlenswerte Lektüre.