Ein vom Abriss bedrohtes Mietshaus im Osten Berlins. Der Immobilienmarkt trifft auf eine eigenwillige und wehrhafte Haus- und Schicksalsgemeinschaft. In ihrem klugen, spannenden sowie hochaktuellen Debütroman schlägt Synke Köhler eine thematische Brücke von der Vorwendezeit ins moderne, durchgentrifizierte Berlin. Dinge laufen aus dem Ruder. Bäume werden gefällt. Der Müll wird nicht mehr abgeholt. Die Keller werden gegen den Willen der Mieter geräumt. Die Marner Straße war immer eine Insel der Alteingesessenen im längst gentrifizierten Prenzlauer Berg. Aber jetzt sind auch sie an der Reihe. Dieter Sonntag organisiert den Widerstand, seine Frau träumt dagegen von einer Wohnung mit Balkon. Die Schweizers treffen sich heimlich mit der Hausverwalterin, Markus Amreiter, der Journalist, hat schon eine Exit-Strategie parat. Und die Studentin Kathleen will sich aus allem raushalten. Nur Grozki, der einstige DDR-Rockstar, bringt mit seinen anarchistischen Aktionen alle richtig auf Touren. Am Ende liegt ein Haus in Trümmern und eine Leiche im Schutt. Synke Köhler nähert sich den Figuren mal mit Empathie, mal mit tragikomischer Distanz. Ihr Roman ist bissig, hintergründig, melancholisch und stellt eine alte Frage neu: Wie wollen wir leben?
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2019Strich durch die Hoffnung
Kein Stein bleibt auf dem anderen: Synke Köhler in "Die Entmieteten" und Lea Streisand in "Hufeland, Ecke Bötzow" erzählen vom unaufhaltsamen Wandel in Prenzlauer Berg.
Prenzlauer Berg ist längst nicht mehr nur ein Stadtteil, sondern ein Symbol für jene sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, die nach der Zäsur des Jahres 1989 mit immer höherer Geschwindigkeit um sich gegriffen haben. Mittlerweile sind Gentrifizierung und die fatale Explosion des Mietmarktes auch zum Thema der Literatur geworden. Prominentes Beispiel ist der in diesem Frühjahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnete Roman "Schäfchen im Trockenen" von Anke Stelling. Auch Torsten Schulz mit "Skandinavisches Viertel" oder Enno Stahl in "Sanierungsgebiete" erzählen davon, wie angestammte Bewohner und Bewohnerinnen aus ihren Kiezen gedrängt werden, während Jan Brandt in "Ein Haus aus dem Land, eine Wohnung in der Stadt" zeigt, dass selbst das Land kein erschwinglicher Lebensraum mehr sein muss.
Auch "Die Entmieteten" der 1970 in Dresden geborenen Synke Köhler gehört in diese Reihe. Köhler verrät in ihrer Vita, dass sie selbst gezwungenermaßen zur Mietaktivistin geworden ist - schaut man auf Brandt und Stelling, findet man ebenfalls eine enge autobiographische Verschaltung. Aber während Stelling die Wohnungsfrage mit der überwunden geglaubten Klassenfrage verknüpft und ihren Roman nicht nur als Suada, sondern mit durchaus ambivalentem Blick auf ihre Protagonistin versieht, der samt Familie die Wohnung über dem Kopf weggekündigt wird, sind bei Köhler die Gut-Böse-Verhältnisse von Anbeginn an eindeutig verteilt.
Ihr Figurenensemble besteht aus den Bewohnern eines Hauses in Prenzlauer Berg, denen nicht nur Sanierung, sondern Abriss zwecks Neubau droht. Der verantwortliche Investor bleibt im Hintergrund. Die Parteien zum Auszug bewegen soll eine Dame vom Mieterverein, von der man freilich annehmen sollte, dass sie den Betroffenen zur Seite steht. Aber Köhler zeigt schon beim ersten besorgten Anruf einer Mieterin: Hier hat jemand diabolische Lust daran, diejenigen zu quälen, die ohnehin schon ausgeliefert sind.
Einige Parteien geben unmittelbar klein bei, andere wollen ihr Zuhause ganz so schnell nicht aufgeben. Dieter und Irene etwa, ein schon zu Ostzeiten in dem Mietshaus wohnendes Ehepaar, das seine Tage damit zubringt, sich aneinander aufzureiben. Oder Grozki, im Osten ein prominenter Rockmusiker, indes mit sinkender Ruhmkurve, der sogar ein gewisses Vergnügen an der Auseinandersetzung mit den vermeintlich Mächtigen gewinnt. Zudem beginnt er eine Affäre mit der linkisch-verhaltenen Studentin Kathleen. Was Köhler mithin auch erzählt: Die Krise stiftet zunächst einmal Zusammenhalt und neue Gemeinschaft in einer bis dato anonym nebeneinanderher lebenden Mieterschaft.
Das Scheitern des mehr oder weniger expliziten Protests gegen das Ansinnen der Hausverwaltung, ihr Aussitzen der Schikanen - vom Abstellen der Heizung bis zur nächtlichen Bestrahlung der Schlafzimmer durch Baumaschinenscheinwerfer - steht allerdings von Beginn an fest. Die erste Szene des Romans nimmt das Ende vorweg: Es schwingt die Abrissbirne. Was folgt, ist das retrospektive Zusteuern auf die Katastrophe, die nicht allein im Abriss des Hauses besteht. Köhler weist auch auf ein kriminalistisches, vor allem aber moralisches Finale voraus: Im Schutt unter der Abrissbirne entdeckt einer der Bauarbeiter einen menschlichen Arm. Die Frage, wer hier von den Mahlwerken des Neoliberalismus zerrieben worden ist, bereitet nach wenigen Kapiteln keine Überraschung mehr.
Es mag daran liegen, dass Köhlers Figuren einerseits über Stereotype ohne nennenswerte Tiefenschärfe kaum hinauskommen, andererseits ein doch recht zähes, stagnierendes Dasein fristen, das erst durch den aufgenötigten, wenngleich aussichtslosen Wohnungskampf aufgebrochen wird, so dass man beinahe auf den Gedanken verfallen könnte, dass ihnen ein Tapetenwechsel eigentlich ganz gut tun könnte, um biographisch noch einmal neu in Schwung zu kommen. Einen solchen Bärendienst will die Autorin ihrem allzu offensichtlichen und zweifelsohne gut gemeinten Ansinnen aber ganz sicher nicht erweisen.
Während in Köhlers Roman einzelne Figuren die wohlige Stagnation in Prenzlauer Berg nicht nur vor der Gentrifizierung, sondern vor dem Fall der Mauer heraufbeschwören, lässt Lea Streisand, eine langjährig erprobte Lesebühnen-Autorin, die DDR gleich für einen kompletten Roman wiederauferstehen. Ähnlich wie bei Köhler ist der Titel Programm: "Hufeland, Ecke Bötzow", das sind zwei der lange noch angenehm verschlafenen Straßen in Prenzlauer Berg, die heute aber dem aufpolierten Kollwitzplatz in nichts nachstehen.
Streisands Ich-Erzählerin Franzi, die mit ihrer Autorin die biographischen Koordinaten teilt, zieht kurz vor der Einschulung mit ihren Eltern - Mutter und Stiefvater - im Jahr 1986 in eine riesige Altbauwohnung in der Hufelandstraße; vordem hat man in einer Plattenbauwohnung in den Randbezirken gelebt. Ein erster kleiner Hinweis auf den widerspenstigen Geist der Eltern: Streben viele Ostler doch im Gegenteil hin zur Fernwärme, wie man sie in den neugebauten Wohnungen fand.
Das komische Potential des Romans liegt in der kindlichen Perspektive, aus der Streisand erzählt. Denn nicht nur nimmt Franzi die unaufhaltsamen Auflösungserscheinungen der DDR nicht wahr - den Vater ihrer Mitschülerin etwa, der sich schon in den Westen abgesetzt hat, glaubt sie mit einem Zirkus auf Reisen. Im Gegensatz zu ihren regimekritischen Eltern ist Franzi zudem vollends einverstanden mit dem, was sie in der Schule an DDR-Ideologie mitbekommt. Nichts ersehnt sie heißer, als endlich vom Jung- zum Thälmann-Pionier aufzusteigen. Ihre Eltern genauso wie wir Leserinnen und Leser wissen indes, dass der Fall der Mauer ihr einen Strich durch die Hoffnung aufs rote Halstuch machen wird.
Die kindliche Erzählperspektive macht aber zugleich die Schwäche von Streisands Romans aus, denn zwangsläufig muss die Autorin sich dümmer machen, als sie ist - und dennoch uns das erzählen, was Franzi nicht versteht oder noch nicht einmal als erzählenswert wahrnimmt. Dazu gehören die Vorzeichen der Wende genauso wie etwa der Exhibitionist im Volkspark Friedrichshain, den Franzi - immer ganz aufrechte Pionierin - erst geflissentlich vom Herumgefummel an den Genitalien ablenken will, um später ihren Mitschülern halb verwundert, halb besorgt zu berichten, dass der Mann doch tatsächlich weiß gepinkelt habe. Spätestens an dieser Stelle büßt die zur Schau gestellte Naivität ihren letzten Funken Witz ein.
Dass man Streisand dennoch recht gern ins prä-gentrifizierte Bötzowviertel folgt, liegt an der atmosphärisch treffenden Schilderung des Miteinanders von Franzi und ihren Freunden, das ja auch ohne die Mauer eingeschränkten Radius und Horizont gehabt hätte. Zudem ist Lea Streisand weit davon entfernt, den Osten als verschwundenes Idyll zu idealisieren. Der trinkende, seine zahlreichen Kinder prügelnde Vater von nebenan findet in ihrem Kiez ebenso einen Platz wie die vom Staat ob der Republikflucht ihres Mannes drangsalierte Nachbarin.
Dass die Wende mit dem Ende der Kindheit der Erzählerin und den ersten pubertären Erschütterungen einhergeht, befreit den Roman weitgehend von ideologiekritischer Schärfe. Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob das ein Vor- oder Nachteil ist.
WIEBKE POROMBKA
Synke Köhler: "Die Entmieteten". Roman.
Satyr Verlag, Berlin 2019. 256 S., geb., 23,- [Euro].
Lea Streisand: "Hufeland, Ecke Bötzow". Roman.
Ullstein Verlag, Berlin 2019. 224 S., geb., 20,- [Euro].
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Kein Stein bleibt auf dem anderen: Synke Köhler in "Die Entmieteten" und Lea Streisand in "Hufeland, Ecke Bötzow" erzählen vom unaufhaltsamen Wandel in Prenzlauer Berg.
Prenzlauer Berg ist längst nicht mehr nur ein Stadtteil, sondern ein Symbol für jene sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, die nach der Zäsur des Jahres 1989 mit immer höherer Geschwindigkeit um sich gegriffen haben. Mittlerweile sind Gentrifizierung und die fatale Explosion des Mietmarktes auch zum Thema der Literatur geworden. Prominentes Beispiel ist der in diesem Frühjahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnete Roman "Schäfchen im Trockenen" von Anke Stelling. Auch Torsten Schulz mit "Skandinavisches Viertel" oder Enno Stahl in "Sanierungsgebiete" erzählen davon, wie angestammte Bewohner und Bewohnerinnen aus ihren Kiezen gedrängt werden, während Jan Brandt in "Ein Haus aus dem Land, eine Wohnung in der Stadt" zeigt, dass selbst das Land kein erschwinglicher Lebensraum mehr sein muss.
Auch "Die Entmieteten" der 1970 in Dresden geborenen Synke Köhler gehört in diese Reihe. Köhler verrät in ihrer Vita, dass sie selbst gezwungenermaßen zur Mietaktivistin geworden ist - schaut man auf Brandt und Stelling, findet man ebenfalls eine enge autobiographische Verschaltung. Aber während Stelling die Wohnungsfrage mit der überwunden geglaubten Klassenfrage verknüpft und ihren Roman nicht nur als Suada, sondern mit durchaus ambivalentem Blick auf ihre Protagonistin versieht, der samt Familie die Wohnung über dem Kopf weggekündigt wird, sind bei Köhler die Gut-Böse-Verhältnisse von Anbeginn an eindeutig verteilt.
Ihr Figurenensemble besteht aus den Bewohnern eines Hauses in Prenzlauer Berg, denen nicht nur Sanierung, sondern Abriss zwecks Neubau droht. Der verantwortliche Investor bleibt im Hintergrund. Die Parteien zum Auszug bewegen soll eine Dame vom Mieterverein, von der man freilich annehmen sollte, dass sie den Betroffenen zur Seite steht. Aber Köhler zeigt schon beim ersten besorgten Anruf einer Mieterin: Hier hat jemand diabolische Lust daran, diejenigen zu quälen, die ohnehin schon ausgeliefert sind.
Einige Parteien geben unmittelbar klein bei, andere wollen ihr Zuhause ganz so schnell nicht aufgeben. Dieter und Irene etwa, ein schon zu Ostzeiten in dem Mietshaus wohnendes Ehepaar, das seine Tage damit zubringt, sich aneinander aufzureiben. Oder Grozki, im Osten ein prominenter Rockmusiker, indes mit sinkender Ruhmkurve, der sogar ein gewisses Vergnügen an der Auseinandersetzung mit den vermeintlich Mächtigen gewinnt. Zudem beginnt er eine Affäre mit der linkisch-verhaltenen Studentin Kathleen. Was Köhler mithin auch erzählt: Die Krise stiftet zunächst einmal Zusammenhalt und neue Gemeinschaft in einer bis dato anonym nebeneinanderher lebenden Mieterschaft.
Das Scheitern des mehr oder weniger expliziten Protests gegen das Ansinnen der Hausverwaltung, ihr Aussitzen der Schikanen - vom Abstellen der Heizung bis zur nächtlichen Bestrahlung der Schlafzimmer durch Baumaschinenscheinwerfer - steht allerdings von Beginn an fest. Die erste Szene des Romans nimmt das Ende vorweg: Es schwingt die Abrissbirne. Was folgt, ist das retrospektive Zusteuern auf die Katastrophe, die nicht allein im Abriss des Hauses besteht. Köhler weist auch auf ein kriminalistisches, vor allem aber moralisches Finale voraus: Im Schutt unter der Abrissbirne entdeckt einer der Bauarbeiter einen menschlichen Arm. Die Frage, wer hier von den Mahlwerken des Neoliberalismus zerrieben worden ist, bereitet nach wenigen Kapiteln keine Überraschung mehr.
Es mag daran liegen, dass Köhlers Figuren einerseits über Stereotype ohne nennenswerte Tiefenschärfe kaum hinauskommen, andererseits ein doch recht zähes, stagnierendes Dasein fristen, das erst durch den aufgenötigten, wenngleich aussichtslosen Wohnungskampf aufgebrochen wird, so dass man beinahe auf den Gedanken verfallen könnte, dass ihnen ein Tapetenwechsel eigentlich ganz gut tun könnte, um biographisch noch einmal neu in Schwung zu kommen. Einen solchen Bärendienst will die Autorin ihrem allzu offensichtlichen und zweifelsohne gut gemeinten Ansinnen aber ganz sicher nicht erweisen.
Während in Köhlers Roman einzelne Figuren die wohlige Stagnation in Prenzlauer Berg nicht nur vor der Gentrifizierung, sondern vor dem Fall der Mauer heraufbeschwören, lässt Lea Streisand, eine langjährig erprobte Lesebühnen-Autorin, die DDR gleich für einen kompletten Roman wiederauferstehen. Ähnlich wie bei Köhler ist der Titel Programm: "Hufeland, Ecke Bötzow", das sind zwei der lange noch angenehm verschlafenen Straßen in Prenzlauer Berg, die heute aber dem aufpolierten Kollwitzplatz in nichts nachstehen.
Streisands Ich-Erzählerin Franzi, die mit ihrer Autorin die biographischen Koordinaten teilt, zieht kurz vor der Einschulung mit ihren Eltern - Mutter und Stiefvater - im Jahr 1986 in eine riesige Altbauwohnung in der Hufelandstraße; vordem hat man in einer Plattenbauwohnung in den Randbezirken gelebt. Ein erster kleiner Hinweis auf den widerspenstigen Geist der Eltern: Streben viele Ostler doch im Gegenteil hin zur Fernwärme, wie man sie in den neugebauten Wohnungen fand.
Das komische Potential des Romans liegt in der kindlichen Perspektive, aus der Streisand erzählt. Denn nicht nur nimmt Franzi die unaufhaltsamen Auflösungserscheinungen der DDR nicht wahr - den Vater ihrer Mitschülerin etwa, der sich schon in den Westen abgesetzt hat, glaubt sie mit einem Zirkus auf Reisen. Im Gegensatz zu ihren regimekritischen Eltern ist Franzi zudem vollends einverstanden mit dem, was sie in der Schule an DDR-Ideologie mitbekommt. Nichts ersehnt sie heißer, als endlich vom Jung- zum Thälmann-Pionier aufzusteigen. Ihre Eltern genauso wie wir Leserinnen und Leser wissen indes, dass der Fall der Mauer ihr einen Strich durch die Hoffnung aufs rote Halstuch machen wird.
Die kindliche Erzählperspektive macht aber zugleich die Schwäche von Streisands Romans aus, denn zwangsläufig muss die Autorin sich dümmer machen, als sie ist - und dennoch uns das erzählen, was Franzi nicht versteht oder noch nicht einmal als erzählenswert wahrnimmt. Dazu gehören die Vorzeichen der Wende genauso wie etwa der Exhibitionist im Volkspark Friedrichshain, den Franzi - immer ganz aufrechte Pionierin - erst geflissentlich vom Herumgefummel an den Genitalien ablenken will, um später ihren Mitschülern halb verwundert, halb besorgt zu berichten, dass der Mann doch tatsächlich weiß gepinkelt habe. Spätestens an dieser Stelle büßt die zur Schau gestellte Naivität ihren letzten Funken Witz ein.
Dass man Streisand dennoch recht gern ins prä-gentrifizierte Bötzowviertel folgt, liegt an der atmosphärisch treffenden Schilderung des Miteinanders von Franzi und ihren Freunden, das ja auch ohne die Mauer eingeschränkten Radius und Horizont gehabt hätte. Zudem ist Lea Streisand weit davon entfernt, den Osten als verschwundenes Idyll zu idealisieren. Der trinkende, seine zahlreichen Kinder prügelnde Vater von nebenan findet in ihrem Kiez ebenso einen Platz wie die vom Staat ob der Republikflucht ihres Mannes drangsalierte Nachbarin.
Dass die Wende mit dem Ende der Kindheit der Erzählerin und den ersten pubertären Erschütterungen einhergeht, befreit den Roman weitgehend von ideologiekritischer Schärfe. Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob das ein Vor- oder Nachteil ist.
WIEBKE POROMBKA
Synke Köhler: "Die Entmieteten". Roman.
Satyr Verlag, Berlin 2019. 256 S., geb., 23,- [Euro].
Lea Streisand: "Hufeland, Ecke Bötzow". Roman.
Ullstein Verlag, Berlin 2019. 224 S., geb., 20,- [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Cornelia Geissler hält Synke Köhlers Gegenwartsroman für durchaus lesenswert. Thema des Buchs ist eine voranschreitende "Entmietung" in Prenzlauer Berg, wobei im Zentrum der Handlung zwei Bewohner und die räumungsbeauftragte Hausverwalterin stehen. Zwar fallen die Nebenfiguren laut Rezensentin eher flach aus, aber die Kontrastierung der beiden zentralen Bewohnerfiguren gefällt ihr sehr gut: eine verpeilte Doktorandin und ein frisch getrennter, etwas provokanter Musiker, der auch für "satirische Schärfe" sorge, so Geissler. Zudem überraschen in dem Buch nicht nur einige Wendungen, sondern vor allem das Ende, staunt Geissler. Außerdem lobt sie die "bildhafte" Sprache der Autorin, die bisher nur Erzählungen und Gedichte veröffentlichte. Insgesamt eine gelungene ausschnitthafte Darstellung verschiedener Rollen im "Hamsterrad des vermeintlichen Fortschritts", so Geissler.
© Perlentaucher Medien GmbH
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