Katharina Hacker, Die Erdbeeren von Antons Mutter, S. Fischer 2010, 175 Seiten, ISBN 978-3-10-030064-5
Das vorliegende neue Buch von Katharina Hacker ist der zweite Band einer Trilogie, deren erster Band vor gar nicht allzu langer Zeit unter dem Titel „Alix, Anton und die anderen“ bei Suhrkamp
erschienen ist. Im Zusammenhang dieses Buches, das nicht nur wegen seines komplizierten Schriftbildes…mehrKatharina Hacker, Die Erdbeeren von Antons Mutter, S. Fischer 2010, 175 Seiten, ISBN 978-3-10-030064-5
Das vorliegende neue Buch von Katharina Hacker ist der zweite Band einer Trilogie, deren erster Band vor gar nicht allzu langer Zeit unter dem Titel „Alix, Anton und die anderen“ bei Suhrkamp erschienen ist. Im Zusammenhang dieses Buches, das nicht nur wegen seines komplizierten Schriftbildes nicht leicht zu lesen war, gab es offenbar Unstimmigkeiten mit ihrem alten Verlag, sodass das neue Buch nun bei S. Fischer erscheint.
Viele der im ersten Band vorgestellten Personen tauchen wieder auf, und die gegen Ende angedeutete Liebesbeziehungen zwischen dem Arzt Anton und der alleinerziehenden Lydia geht weiter. Dabei ist das vorliegende Buch keine Fortsetzung, sondern Katharina Hacker wählt mit bekannten Personen ein neues Thema. Es geht um das schwierige Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, um das Altwerden und die Angst davor. Das Buch erzählt davon, wie Menschen sich fremd werden und wie die Demenz der Eltern sie den erwachsenen Kindern einfach verloren gehen lässt.
Antons Eltern Hilde und Wilhelm leben in einem kleinen niedersächsischen Ort namens Calberlah in der Nähe von Wolfsburg. Viele Jahre lang hat Hilde auf einem Acker etwas außerhalb Erdbeeren gepflanzt und sie dann eingekocht und ihren Kindern die Marmelade geschickt. Seit ihre Tochter Caroline in den USA lebt ( ist sie geflohen ?), geht das bei ihr nicht mehr, aber ihr Sohn Anton, der in Kreuzberg als Allgemeinmediziner arbeitet, bekommt sie regelmäßig. Nur in diesem Jahr ist alles anders. Hilde, an fortschreitender Demenz leidend, hat vergessen, die Erdbeeren zu pflanzen. Auch ihr Mann Wilhelm verschwindet seit Jahren aus einem Leben, das wohl nie so richtig seines war. In ihren Träumen denkt Hilde an den Bauern Martin Pfälzer, in den sie verliebt war und den sie auch gerne geheiratet hätte.
Nachdem Anton, um seine Mutter zu trösten, gekaufte Erdbeerpflanzen bei einem Heimatbesuch nachgepflanzt hat und der alte Nachbar Helmer sie entsprechend pflegt, können alle zusammen - Caroline ist aus Sorge um die Mutter aus den USA gekommen und Anton hat aus Berlin seine Freundin Lydia und deren Tochter Rachel mitgebracht- , Erdbeeren ernten. Doch die Schnecken haben alles zunichte gemacht. Symbol und Metapher für eine aus den Fugen geratene Welt, die mitten auf dem Acker zusammenbricht.
Am Ende steht Hilde allein auf den Erdbeerbeet. Anton ist mit Lydia nach Berlin zurückgekehrt. Wie es mit dieser Liebesgeschichte weitergeht, werden wir sicher im dritten Band erfahren. Vielleicht wird dort auch die immer wieder parallel erzählte Geschichte von Rüdiger und Martin deutlicher, zwei ehemaligen Kriegssöldnern, die mit ihrem Leben nicht zurechtkommen. Rüdiger ist der Vater von Rachel und träumt genau wie Anton davon, Lydia für sich zu gewinnen. Lydia liebt Anton aufrichtig und dennoch vorsichtig, hängt aber immer wieder den Erinnerungen nach an den harten Sex mit dem „Mann“ Rüdiger. In diesem Buch steht die Lebenswelt der beiden Söldner, die die laufende Geschichte und ihre Personen permanent beobachten, leider zu disparat neben der Erzählung.
Im dritten Buch werden wir mehr erfahren. Wahrscheinlich wie Anton mit dem Tod der Eltern umgeht, ob seine Schwester Caroline ihre Flucht in die Einsamkeit beendet und ob die beiden Liebenden Anton und Lydia mit Rachel eine Chance haben. Und, was Rüdiger und Martin mit all dem zu tun haben. Warten wir es gespannt ab.
Das hier zu besprechende Buch jedenfalls steht auf hohem literarischen Niveau und ist um Meilen besser zu lesen als der erste Band.