Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Politik - Thema: Europäische Union, Note: 2,0, Universität Potsdam, Sprache: Deutsch, Abstract: Keinem anderen Akteur 1 der Europäischen Union (EU) wurden bisher so viele Bezeichnungen zugewiesen wie der Europäischen Kommission: Von „Eurokratie“ (Spinelli 1966) über „entpolitisierte Sachverwaltung " (Wessels 2008) bis zur „Megabürokratie“ (Wessels 2003), ließ die wissenschaftliche Debatte kaum eine Charakterisierung aus. Die bürokratische Beschaffenheit der Kommission kam dabei häufig zum Ausdruck. In diesem Sinne wird sie oftmals als unabhängiger und über die Grenzen nationalstaatlicher Präferenz agierender Akteur betrachtet. Gerade das theoretische Konzept des Neofunktionalismus argumentiert, die Europäische Kommission handele, rechtlich als supranationales Organ 2 ausgewiesen, frei von jeglicher ideologischer Einstellung und allein im Interesse des Gemeinwohls der Europäischen Gemeinschaft. Doch kann allein die gesetzliche Beschaffenheit als Grund „für die Annahme supranationaler Präferenzen der Europäischen Kommission,“ (Wonka 2007) gewertet werden? Ich möchte im Folgenden anhand einer Analyse der Zusammensetzung der Europäischen Kommission unter José Manuel Durão Barroso von 2004-2009 untersuchen ob diese Annahme zutreffend ist. Mittels selbstgewählter Kriterien werde ich die Beziehung der nominierenden EU Mitgliedstaaten zu den Kommissaren charakterisieren. Ziel ist es hierbei nicht, das produzierte Policy Output der Europäischen Kommission zu untersuchen. Viel eher soll durch das Aufzeigen der nationalen Verbindung der Kommissare zu den Regierungen gezeigt werden, das Mitgliedstaaten gezielt versuchen über bestimmte Selektionsmechanismen Kommissare mit ihnen ähnlichen Politikpräferenzen zu nominieren. Durch diesen Vorgang soll Einfluss auf die Politik der EU geübt werden. 2. Theoretische Einordnung supranationaler Akteure im Neofunktionalismus Die herausragende Stellung innerhalb der Integrationstheorien beruht nicht zuletzt darauf, dass der Neofunktionalismus als direkte Reaktion auf die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951 und auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1957 zur Erklärung des Integrationsprozesses formuliert wurde. (Wolf 2005) Eine entpolitisierte Sachverwaltung zur Bewältigung Staaten übergreifender Aufgaben wird dabei als Voraussetzung für das erfolgreiche Voranschreiten von Integration angesehen. Nachfolgend soll genauer dargestellt werden, dass supranationale Akteure bei diesem Prozess eine fundamentale Rolle spielen.