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Die modernen Klassifikationssysteme erfassen neben Krankheiten auch zahlreiche sonstige Auffälligkeiten. Der Zwang zur Nutzung der ICD-10 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei den ICD-Diagnosen um vorläufige, keinesfalls immer valide, teilweise auch fragwürdige Kategorien handelt. Es fehlt ihnen der Bezug zur Begriffsgeschichte der gewählten Termini. Zudem ist die Bestimmung der Störungen mittels der vorgehaltenen Einschluss- und Ausschlusskriterien – unter methodischen Aspekten – eine Vorgehensweise, die auf sehr niedrigem erkenntnistheoretischen Niveau angesiedelt ist. Dies…mehr

Produktbeschreibung
Die modernen Klassifikationssysteme erfassen neben Krankheiten auch zahlreiche sonstige Auffälligkeiten. Der Zwang zur Nutzung der ICD-10 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei den ICD-Diagnosen um vorläufige, keinesfalls immer valide, teilweise auch fragwürdige Kategorien handelt. Es fehlt ihnen der Bezug zur Begriffsgeschichte der gewählten Termini. Zudem ist die Bestimmung der Störungen mittels der vorgehaltenen Einschluss- und Ausschlusskriterien – unter methodischen Aspekten – eine Vorgehensweise, die auf sehr niedrigem erkenntnistheoretischen Niveau angesiedelt ist. Dies gilt im besonderen Maße für das „pathologische Glücksspiel“, die „Pyromanie“ und die „Kleptomanie“. Wenn in foro davon die Rede ist, dann eigentümlicherweise immer schon als „Störung der Impulskontrolle“, kaum je aber als „abnormer Gewohnheit“. Der Sachverständige, der sich zu sehr an die Praktikabilität der Klassifikationssysteme bindet, unterliegt der Gefahr, im Ergebnis einer spiralförmig-tautologischen Argumentation von diesen Störungen zum Eingangsmerkmal der schweren anderen seelischen Abartigkeit mit Auswirkungen auf die Steuerungsfähigkeit zu gelangen. Der Richter kann eine solche sachverständige Beratung nur dann hinterfragen und mit Blick auf die notwendigen Wertungsschritte prüfen, wenn er weiß, dass „Pyromanie“, „Kleptomanie“ und „pathologisches Glücksspiel“ keine empirisch gesicherten Diagnosen und nicht schon per se Störungen der Impulskontrolle sind, sondern erst einmal – wie auch „Nachstellung“ und „Lüge“ – Ausdrucksformen und Folgen abnormer Gewohnheiten, deren psychopathologische und tatkausale Bedeutsamkeit geprüft werden muss. Die Beiträge in diesem Werk sollen sowohl dem richterlichen Fragen als auch dem sachverständigen Antworten auf der diagnostischen Ebene und im Rahmen der Erörterung des Bedingungsgefüges der strafrechtlich relevanten Handlungen eine Hilfestellung geben.
Autorenporträt
Herausgeber der Schriftenreihe: Matthias Lammel; Werner Felber, Stephan Sutarski und Steffen Lau