Der amerikanische Kult-Autor T.C. Boyle hat sich wieder zu Wort gemeldet und mit „Die Frauen“ bereits sein zwölften Roman vorgelegt. Nach dem Gesundheitsguru John Harvey Kellogg (in „Willkommen in Wellville“, 1993) und dem Sexualforscher Alfred Kinsey (in „Dr. Sex“, 2005) beschäftigt er sich dieses
Mal mit Frank Lloyd Wright, einem der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Boyle widmet…mehrDer amerikanische Kult-Autor T.C. Boyle hat sich wieder zu Wort gemeldet und mit „Die Frauen“ bereits sein zwölften Roman vorgelegt. Nach dem Gesundheitsguru John Harvey Kellogg (in „Willkommen in Wellville“, 1993) und dem Sexualforscher Alfred Kinsey (in „Dr. Sex“, 2005) beschäftigt er sich dieses Mal mit Frank Lloyd Wright, einem der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Boyle widmet sich aber weniger mit der künstlerischen Arbeit des Star-Architekten sondern vorrangig mit seinen Ehefrauen bzw. Lebenspartnerinnen.
Der begnadete Künstler und überspannte Frauenheld Wright hat sich in der Prärie seinen Traum verwirklicht: sein grandioses Künstler-Anwesen Taliesin mitten im tiefsten Wisconsin. Hier lebt und arbeitet der Exzentriker zusammen mit seinen Schülern und geliebten Frauen sowie ihren zahlreichen Nebenbuhlerinnen. Selbstherrlich setzt er seine Studenten bei der Küchenarbeit ein, ignoriert die Wünsche seiner Auftraggeber, schläft mit deren Ehefrauen und hat überall Schulden.
Die Handlung des Romans verläuft chronologisch rückwärts, also von „hinten“ nach „vorn“. Sie wird aus der Perspektive von drei Frauen (Olgivanna, Miriam und Mamah) erzählt. Der Roman, der sich aus drei Teilen (überschrieben mit den Frauennamen) zusammensetzt, umspannt dabei den Zeitraum von 1909 bis 1930. Die einzelnen Teile sind in eine Rahmenhandlung um den ehemaligen japanischen Schüler Tadashi Sato eingebettet, der neun Jahre bei Wright gewohnt und gearbeitet hat. Wrights Leben ist ein Kampf zwischen Erfolg und Rückschlägen, zwischen Lobeshymnen und niederschmetternder Kritik einer sensationslüsternen Presse.
„Die Frauen“ ist aber nicht nur eine Schlammschlacht zwischen den verschiedenen Rivalinnen, dem Autor gelingt mit der fiktiven und aufregenden Biografie von Wright auch ein äußerst genaues und kritisches Gesellschaftsbild des bigotten Amerika in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. T.C. Boyle erweist sich mit diesem fulminanten Sittengemälde wieder als messerscharfer Beobachter und als einer der großen Schriftsteller der Gegenwart.
Manfred Orlick