Die starken Frauen hinter der Front
Die McGroths lassen es sich nicht nehmen, zu Ehren ihres Sohnes Finley, der in den Krieg zieht, eine Abschiedsparty zu geben. Nach Vietnam wird er gehen. Seine Schwester Frankie schreibt ihm regelmäßig und auch von ihm erhält sie lustige Briefe und bunte
Postkarten, er erzählt von Partys in Saigon, die Truppen werden anscheinend gut unterhalten.…mehrDie starken Frauen hinter der Front
Die McGroths lassen es sich nicht nehmen, zu Ehren ihres Sohnes Finley, der in den Krieg zieht, eine Abschiedsparty zu geben. Nach Vietnam wird er gehen. Seine Schwester Frankie schreibt ihm regelmäßig und auch von ihm erhält sie lustige Briefe und bunte Postkarten, er erzählt von Partys in Saigon, die Truppen werden anscheinend gut unterhalten.
„Frauen können doch auch Helden sein“ meint Finleys bester Freund. So hat sie das noch nie gesehen, aber warum eigentlich nicht. Als frisch gebackene, examinierte Krankenschwester ist sie nicht gefordert, außerdem will sie weg von daheim. Sie trifft auf einen Kriegsversehrten mit nur einem Bein, er ist auf eine Mine getreten – in Vietnam.
So reift ihr Plan, es ihrem Bruder gleichzutun. Anfängliche Hürden hat sie überwunden und nun ist sie angekommen, der erste Eindruck ist ernüchternd. Bald aber arbeitet sie sich ein, ihr Beruf wird ihr zur Berufung. Sie sieht viel Leid, zu viele der viel zu jungen Männer, halbe Kinder noch, werden in Leichensäcken heimgeflogen und wenn sie Glück haben – so man es als Glück bezeichnen will – kehren sie als körperliche und seelische Krüppel heim. Frankie findet zwei Freundinnen, die auch später dann, als sie alle wieder in der Heimat sind, für sie da sind. Und auch die Liebe gibt ihr Halt, wenngleich diese eher bitter denn süß ist.
Irgendwann dann ist Frankies Dienst in Vietnam zu Ende, daheim aber wartet keiner auf sie. Sie wird angespuckt und beschimpft, die „Heldin“ ist nicht willkommen. Sie sucht Hilfe, findet jedoch keine. Nicht bei ihrer Familie und bei den Vietnam Veteranen auch nicht, denn es sind ausschließlich Männer, die gekämpft haben, hört sie, Krankenschwestern zählen da nicht. Und sie spürt den unbändigen Zorn einer ganzen Nation, die das sofortige Kriegsaus fordert.
Kristin Hannah hat es wiederum geschafft, mich sofort mitzunehmen. Es ist nicht mein erstes Buch von ihr und ganz bestimmt wird dieses hier auch nicht das letzte sein. Ihre Schilderung vom Alltag inmitten eines schrecklichen Krieges, geprägt von dem unbedingten Willen, Leben zu retten, erschüttert mich bis ins Mark. Über lange Passagen lese ich gebannt weiter und verfolge schweren Herzens ihren täglichen (und oftmals auch nächtlichen) Einsatz hinter der Front. Sie arbeiten bis zur Erschöpfung, denn so lange Verwundete nicht versorgt sind, heißt es weitermachen. Und viel zu oft begleiten sie die letzten Atemzüge eines Schwerverwundeten, mehr ist nicht mehr möglich. Diese Arbeit geht an die Substanz und auch nach ihrer Rückkehr kann sie nicht abschalten. Sie erträgt die ignorante Gesellschaft nicht, sie hat Albträume, sie findet nicht aus diesem viel zu tiefen Loch, die Nachwirkungen all dessen, was sie erlebt hat, drohen sie zu zerstören.
Die Autorin beschreibt diese innere Zerrissenheit so intensiv, so hautnah und einfühlsam, der Krieg und der damit einhergehende Verlust sprechen aus jedem Absatz, aus jeder Zeile. Neben der Kriegsmüdigkeit und der Ignoranz von „denen da oben“, die nur zu deutlich spürbar ist, sind es auch bedingungslose Freundschaften und Liebe in vielen Facetten, von denen ich lese, die nicht aus bleiben, die wichtig sind und in schweren Zeiten emotional stützen. Es ist ein aufwühlendes Buch, ein trotz des Leides zutiefst menschliches Buch, das unbedingt gelesen werden sollte.