Antisemitische Einstellungen werden derzeit in Europa wie im arabischen Raum neu justiert. Scheinbar wenig kompatible Ideologien, Parteien und Bewegungen nähern sich an. Sie einigen sich darin, "dem Juden", der das christliche Abendland ebenso wie das islamische Morgenland bedrohe, die eigentliche Schuld an ihren Konflikten zu geben. Im Antisemitismus der Gegenwart treffen sich Muslime und Christen, Araber und Europäer der unterschiedlichsten politischen Couleur.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Beeindruckend findet der Rezensent Michael Kiefer diese Studie des Soziologen Klaus Holz. Vehement widerspricht dieser der These eines eigenständigen islamischen Antisemitismus. Schritt für Schritt führt er stattdessen vor, dass sich fast sämtliche der heute im islamistisch orientierten Antisemitismus anzutreffenden Muster bereits bei den europäischen Vorläufern finden lassen. So erweise sich der Antisemitismus zunächst als Export aus Europa in die arabische Welt - und im Gegenzug sind dann auch die neuen antizionistischen und antisemitischen Tendenzen in fundamentalistischen Migrantenkreisen Europas als Reimport eigener Rassismen zu begreifen. Als gelungenstes Kapitel hebt der Rezensent dasjenige über die "Figur des Dritten" hervor, in dem die Parallelen nationalistischer und islamistischer Ideologiebildung herausgearbeitet werden. In beiden Fällen werde "der Jude" als "Drittes" begriffen, das die "Unterscheidung zwischen uns und den anderen ersetzt". Von einem kleinen terminologischen "Schönheitsfehler" abgesehen - der Wahl des Begriffs "demokratischer Antisemitismus" -, scheint diese Untersuchung dem Rezensenten offenkundig mustergültig.
© Perlentaucher Medien GmbH
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