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  • Format: PDF

Was hat die Hamas mit Martin Hohmann zu tun, was Said Qutb mit Martin Walser? Wie unterscheiden sich deren Motive von den Beweggründen der in Europa lebenden Neonazis oder der antisemitischen Straftäter aus Migrantenfamilien? Warum stimmt die Hälfte der Deutschen darin überein, Israel mache im Prinzip nichts anderes mit den Palästinensern als das, was die Nazis im »Dritten Reich« mit den Juden gemacht haben? Die Formen des Antisemitismus, die sich gegenwärtig in Europa ebenso verstärkt manifestieren wie im arabischen Raum, haben sich strukturell und weltanschaulich angenähert. Ein Indiz für…mehr

Produktbeschreibung
Was hat die Hamas mit Martin Hohmann zu tun, was Said Qutb mit Martin Walser? Wie unterscheiden sich deren Motive von den Beweggründen der in Europa lebenden Neonazis oder der antisemitischen Straftäter aus Migrantenfamilien? Warum stimmt die Hälfte der Deutschen darin überein, Israel mache im Prinzip nichts anderes mit den Palästinensern als das, was die Nazis im »Dritten Reich« mit den Juden gemacht haben? Die Formen des Antisemitismus, die sich gegenwärtig in Europa ebenso verstärkt manifestieren wie im arabischen Raum, haben sich strukturell und weltanschaulich angenähert. Ein Indiz für ein neuartiges Phänomen ist diese zunehmende Übereinstimmung allerdings nicht; vielmehr haben sich die Strukturen antisemitischer Einstellungen lediglich an die veränderte Weltlage angepaßt. Hergebrachte Identitäten, Selbst-, Freund- und Fremdbilder werden durch das Ende der alten, polaren Weltordnung in Frage gestellt. Während das antikommunistische Feindbild obsolet wurde und der Islamismus zum neuen Hauptfeind aufstieg, erhielt der Antiamerikanismus eine neue Unterfütterung. Im Zuge dieser Umbrüche wurde der Antisemitismus neu justiert, so daß scheinbar kaum kompatible Ideologien, Parteien und Bewegungen in ihren antijüdischen Positionen neue Verbindungen eingehen können. Nicht nur die RAF, Möllemann und der Ex-Grüne Karsli haben mit antisemitischen Begründungen die palästinensische Sache, oder was sie dafür hielten, unterstützt. Inzwischen gibt es auch eine beträchtliche Zahl rechtsradikaler Sympathie-Erklärungen für den arabischen Antisemitismus sowie direkte Kooperationen zwischen Organisationen. Hinzu kommen arabische bzw. muslimische Immigranten und deren Nachfahren in Europa, die mit islamistischen, teils dezidiert antisemitischen Organisationen wie »Milli Görüs«, dem »Kalifatstaat« oder der »Muslimbruderschaft « sympathisieren. Klaus Holz argumentiert, daß der islamistische Antisemitismus in allen wesentlichen Aspekten ein Import aus Europa ist, der gegenwärtig durch die Islamisierung von Teilen der Migrantenbevölkerung reimportiert wird. Zugleich erörtert er die Grundformen des demokratischen Antisemitismus nach der Shoah, der sich heute antizionistischen Weiterungen öffnet und eine antisemitische Erklärung der Shoah mit einer Rechtfertigung und Verschleierung des Antisemitismus als vermeintliche Zionismus- und Israelkritik verbindet. »Der Jude« erscheint im Antizionismus wie generell im Antisemitismus als die personifizierte dritte Macht, die das christliche Abendland ebenso wie das islamische Morgenland bedroht und die die eigentliche Schuld an ihren Konflikten trägt. Im Antisemitismus der Gegenwart treffen sich Muslime und Christen, Araber und Europäer der unterschiedlichsten politischen Couleur.

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Autorenporträt
Klaus Holz, Dr. habil. geb. 1960, promovierte an der Universität Leipzig in Soziologie, habilitierte an der Universität Leipzig und lehrte an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ab Oktober 2000 leitete er das Evangelische Studienwerk e.V. Villigst. Seit Februar 2009 leitet er als Generalsekretär die Geschäftsstelle der Evangelischen Akademien in Deutschland. Er ist Mitglied der ad hoc Kommission "Protestantische Verantwortungseliten" der EKD, des Hochschulbeirats der EKD und der Präsidialversammlung des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Beeindruckend findet der Rezensent Michael Kiefer diese Studie des Soziologen Klaus Holz. Vehement widerspricht dieser der These eines eigenständigen islamischen Antisemitismus. Schritt für Schritt führt er stattdessen vor, dass sich fast sämtliche der heute im islamistisch orientierten Antisemitismus anzutreffenden Muster bereits bei den europäischen Vorläufern finden lassen. So erweise sich der Antisemitismus zunächst als Export aus Europa in die arabische Welt - und im Gegenzug sind dann auch die neuen antizionistischen und antisemitischen Tendenzen in fundamentalistischen Migrantenkreisen Europas als Reimport eigener Rassismen zu begreifen. Als gelungenstes Kapitel hebt der Rezensent dasjenige über die "Figur des Dritten" hervor, in dem die Parallelen nationalistischer und islamistischer Ideologiebildung herausgearbeitet werden. In beiden Fällen werde "der Jude" als "Drittes" begriffen, das die "Unterscheidung zwischen uns und den anderen ersetzt". Von einem kleinen terminologischen "Schönheitsfehler" abgesehen - der Wahl des Begriffs "demokratischer Antisemitismus" -, scheint diese Untersuchung dem Rezensenten offenkundig mustergültig.

© Perlentaucher Medien GmbH