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Hip-Hop entstand als urbane Subkultur Ende der 1970er Jahre in den Armutsvierteln New Yorks und orientierte sich am Jazz, am Funk und an der Discoszene. Heute ist Hip-Hop die einflussreichste Spielart der Popmusik. Wie aber konnte er zu einem globalen Phänomen mit solch immenser kultureller, politischer und wirtschaftlicher Bedeutung werden? Dustin Breitenwischer erzählt die Geschichte des Hip-Hop am Beispiel von 111 herausragenden Alben – von der Sugarhill Gang bis zu Kae Tempest und von IAM bis zu Haftbefehl. So wird der Band zu einem Listener's Guide, der zum eigenständigen Nachhören und Erkunden einlädt.…mehr

Produktbeschreibung
Hip-Hop entstand als urbane Subkultur Ende der 1970er Jahre in den Armutsvierteln New Yorks und orientierte sich am Jazz, am Funk und an der Discoszene. Heute ist Hip-Hop die einflussreichste Spielart der Popmusik. Wie aber konnte er zu einem globalen Phänomen mit solch immenser kultureller, politischer und wirtschaftlicher Bedeutung werden? Dustin Breitenwischer erzählt die Geschichte des Hip-Hop am Beispiel von 111 herausragenden Alben – von der Sugarhill Gang bis zu Kae Tempest und von IAM bis zu Haftbefehl. So wird der Band zu einem Listener's Guide, der zum eigenständigen Nachhören und Erkunden einlädt.
Autorenporträt
Dustin Breitenwischer , geb. 1983, ist Juniorprofessor für Amerikanistik an der Universität Hamburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die (afro-)amerikanische Literatur, Philosophie und Populärkultur.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Kai Spanke erkennt in Dustin Breitenwischer einen echten Fan des Hip-Hop. Leider bleibt ihm der Autor für seine enthusiastischen Belobigungen von Künstlern und Alben des Genres mitunter die Argumente schuldig. Auch die Entwicklungen im Hip-Hop kann ihm der Autor nur ansatzweise nahebringen, ohne allerdings eine kohärente Geschichte zu entfalten. Als anregende Kritikensammlung und Kanon mit Hintergrundinfos taugt der Band laut Spanke allerdings durchaus gut. Dem aufmerksamen Leser stellt sich laut Rezensent bloß die Frage, wieso Afrika Bambaataa mit dem Argument, auf ihm laste der Verdacht des sexuellen Missbrauchs, keine Aufnahme in den Band findet, Tupac Shakur und Dr. Dre aber sehr wohl.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2021

Ab ins Kuhkaff
Dustin Breitenwischer zeichnet die Geschichte des Hip-Hop nach

Wer über Hip-Hop schreibt, landet schnell bei der Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Moral. Man kann es sich einfach machen und sagen, ästhetischer Ausdruck und Leben seien nicht voneinander zu trennen, die Tugend müsse hier wie dort walten. Wenn also ein Rapper im Privatleben moralisch versagt, wirkt sich das oft negativ auf die Rezeption seines Werks aus. Finden sich im umgekehrten Fall auf einem Hip-Hop-Album heikle Texte - was die Regel, nicht die Ausnahme ist -, lassen Rückschlüsse auf den Verfasser nicht lange auf sich warten.

Als Beispiel für solche Mechanismen mag Afrika Bambaataa dienen, der mit dem Album "Planet Rock" von 1986 einen festen Platz in der Ahnengalerie des Genres belegt. Im Jahr 2016 wurde er von mehreren Männern beschuldigt, sie als Jugendliche sexuell missbraucht zu haben. Bambaataa wies die Vorwürfe zurück - und Dustin Breitenwischer verzichtet in seiner "Geschichte des Hip-Hop" sicherheitshalber auf eine "würdigende Besprechung" der Platte.

Ließe sich nicht, so müssen wir fragen, wenigstens das Titelstück als Gründungsdokument für elektronische Background-Tracks im Rap hervorheben? Und was ist eigentlich mit Tupac Shakur, der wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung angeklagt wurde, und dessen "All Eyez on Me" (1996) Breitenwischer in höchsten Tönen lobt? Warum wird Dr. Dre - ausweislich seiner Texte und seines Gebarens jemand, der Gewalt gegen Frauen für ein legitimes Interaktionsmittel hält - nicht aus dem Kreis der verhandelten Musiker ausgeschlossen? Mit welchem Recht findet der im April verstorbene Tierquäler und Dauerdelinquent DMX Erwähnung? Sie alle sind Teil der Hip-Hop-Geschichte, sie alle haben relevante Platten aufgenommen. Eine Würdigung ihres Werks gehört natürlich in Breitenwischers Buch. Das gilt aber auch für Afrika Bambaataa.

Der Autor erzählt die Entwicklung seines Gegenstands am Beispiel von hundertelf Alben, die zwischen 1980 und 2021 erschienen sind. Er kennt sich bestens aus und berücksichtigt nicht nur amerikanische, sondern auch französische und deutsche Produktionen. Herausragende Platten der vergangenen zehn Jahre - etwa "RTJ4" von Run the Jewels (2020) oder "Lese Majesty" von Shabazz Palaces (2014) - hat er genauso im Blick wie randständige Glanzlichter und ewige Klassiker.

Lauryn Hill und Missy Elliott, N.W.A. und Wu-Tang Clan - sie bekommen den Applaus, der ihnen zusteht. Irritierenderweise haben auch Tic Tac Toe einen Auftritt - weil "Pop-Phänomen" und so. Mit Gusto zitiert Breitenwischer, wie K.I.Z ein "Kuhkaff" stürmen und einen "Raubzug" veranstalten wollen, wie Peter Fox seine alten Sachen "in 'nem Sack verrotten" lässt, wie es bei den Beginnern "Zoom gemacht" hat.

Das Buch besteht aus zumeist positiven Kritiken, in die Hintergrundinformationen einfließen. Insofern gibt Breitenwischer gute Anspieltipps für Leute, die nach einem handhabbaren Kanon suchen. Eine für unkundige Leser kohärente Geschichte entfaltet sich so allerdings nicht. Beispielsweise bleibt der Musikproduzent Suge Knight vollkommen unterbelichtet. Dabei hat er maßgeblich an der Fehde zwischen Rappern der amerikanischen Ost- und Westküste mitgestrickt. Die Entwicklungen im Hip-Hop der neunziger Jahre kann nur verstehen, wer mit den Etappen dieser Rivalität, in deren Folge Tupac Shakur und Notorious B.I.G. erschossen wurden, vertraut ist.

Stellt man mehr als hundert Alben hintereinander vor, kann einem die argumentative Puste zwischenzeitlich ausgehen. Was soll es etwa genau heißen, dass der französischen Band IAM mit "L'École du micro d'argent" (1997) ein "atmosphärisch düsteres, musikalisch kompromissloses und dabei ungemein poetisches Album" gelungen sei. Solche Urteile brauchen Belege, die der Autor immer wieder schuldig bleibt. Das macht er passagenweise mit seinem ansteckenden Enthusiasmus wieder gut. Denn hier schreibt keiner, der sich erst in sein Thema einarbeiten musste, sondern ein echter Fan. KAI SPANKE

Dustin Breitenwischer: "Die Geschichte des Hip-Hop". 111 Alben.

Reclam Verlag, Ditzingen 2021. 280 S., br., 8,80 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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