Stephan Greenblatt, Professor für Englische und Amerikanische Literatur und Sprache an der Harvard Universität, widmet sich in diesem Buch dem mächtigsten Mythos der Menschheit, der Geschichte von Adam und Eva. Es ist eine historische Betrachtung über Versuche der Interpretation in unterschiedlichen
Zeiten und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Der Rahmen wurde von der Kirche vorgegeben.…mehrStephan Greenblatt, Professor für Englische und Amerikanische Literatur und Sprache an der Harvard Universität, widmet sich in diesem Buch dem mächtigsten Mythos der Menschheit, der Geschichte von Adam und Eva. Es ist eine historische Betrachtung über Versuche der Interpretation in unterschiedlichen Zeiten und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Der Rahmen wurde von der Kirche vorgegeben. Wer es riskierte, abweichende Interpretationen zu veröffentlichten, musste sich mit der Inquisition auseinandersetzen und um sein Leben bangen.
Der Autor unternimmt einen Ausflug in die Antike, berichtet über Volksstämme im Nahen Osten, über archäologische Funde, über frühe Städte und Herrscher sowie über Quellen der heiligen Bücher. Im Fokus stehen nicht nur die Genesiserzählungen, sondern auch Ausführungen zum Gilgamesch-Epos und zum späteren Thomas-Evangelium. Vieles bleibt im Dunkeln, weil Aufzeichnungen fehlen, Quellen vernichtet wurden und seitens der Kirche wenig Interesse an einer unabhängigen wissenschaftlichen Aufarbeitung der Historie bestand.
Dass Greenblatt sich mit Literatur und Geschichte auskennt, wird deutlich bei der Darstellung der Biografien und einzelner Werke von Adamantius Origenes (dem Unbeugsamen), Augustinus von Hippo, John Milton, Isaac La Peyrère, Pierre Bayle und Voltaire, um Beispiele zu benennen. Greenblatt stellt kritische Meinungen vor, die an der von der Kirche vertretenen dogmatischen Lehre rütteln. Der Mythos von Adam und Eva hat über Jahrhunderte die gesellschaftliche Rolle der Frau beeinflusst. Letztlich hat sich die Evolutionstheorie durchgesetzt.
Der Mythos lebt, nicht als archaischer Bericht über eine reale Begebenheit, sondern als Mythos über den Ursprung des Menschseins mit seinen die Tierwelt transzendierenden Möglichkeiten, über Unschuld, Versuchung, Moral und Tod reflektieren und bewusst Entscheidungen treffen zu können. Die Vision vom Garten Eden lebt im Menschen fort, nicht nur als Ursprung, sondern als ein Ziel, dem sich die Menschheit durch bewusste (humane) Entscheidungen nähern kann, ohne es jemals zu erreichen.