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Fachkräftemangel und stagnierende Produktivität
Auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass Sebastian Dettmers, Chef der Onlinestellenplattform Stepstone, in seinem Buch Personalverantwortlichen in Zeiten des akuten Fachkräftemangels Tipps aus der Praxis bietet. Das ist jedoch nicht der Fall. Stattdessen geht er vehement zwei gravierende Probleme unserer Volkswirtschaft an: die grassierende Personalnot infolge einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung und die schon seit 2018 stagnierende Pro-Kopf-Produktivität. Beide zusammen ergeben laut Dettmers eine toxische Mischung, die unseren Wohlstand ernsthaft bedroht.
Der Kampf gegen die "Arbeiterlosigkeit" sollte den Auftakt zu einer Rundumerneuerung unserer Wirtschaft und Gesellschaft geben. Das Buch gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil wird analysiert, worauf unser Wohlstand beruht. Es sind eine wachsende Erwerbsbevölkerung und der technische Fortschritt. Mit der industriellen Revolution seien die Produktivität und der Wohlstand bis heute um das bis zu Dreißigfache gestiegen. Mittlerweile sei der Wohlstand aber zu einer vermeintlichen Selbstverständlichkeit geworden, und wir begännen zu vergessen, dass Wohlstand auf Wachstum beruht. Im zweiten Teil zeigt Dettmers faktenbasiert auf, dass der Rückgang der Weltbevölkerung und damit auch der Erwerbsbevölkerung längst eingeleitet wurde. International zeige sich, dass mit größerem Wohlstand eine geringere Fertilität einhergehe. So liege die durchschnittliche Geburtenrate nur noch bei 1,5 in der Europäischen Union. Auch in den USA und im Fernen Osten reiche die Fertilität nicht mehr aus, um die Bevölkerung stabil zu halten. Dettmers befürchtet einen immer schneller zunehmenden Fachkräftemangel und dies international. Dies könne in eine jahrzehntelange Rezession führen.
Der umfangreichste und wohl wichtigste dritte Teil befasst sich damit, "Wie wir den Wohlstand retten". Der Autor fordert die Öffnung für qualifizierte Einwanderer und deren bessere Integration, die Förderung von Unternehmen mit zukunftsfähigen Geschäftsmodellen statt der Konservierung von Zombie-Unternehmen mit Staatshilfen, eine effektive Arbeitsteilung zwischen den arbeitenden Menschen und Robotern, einen deutlich höheren Mindestlohn (sic!) als Booster für mehr Produktivität sowie mehr Flexibilität im Arbeitsmarkt. Darauf aufbauend spricht sich Dettmers im etwas zu knappen vierten Teil für einen New Deal gegen die "Arbeiterlosigkeit" aus. Der Verfasser nutzt den Fachkräftemangel, um für umfassende Reformen zu werben. Er will mit seinem flott geschriebenen Buch Politik und Bürger aufwecken und zeigen, wie der drohende Wohlstandsverlust noch verhindert werden kann. ROBERT FIETEN
Sebastian Dettmers: Die große Arbeiterlosigkeit. Warum eine schrumpfende Bevölkerung unseren Wohlstand bedroht und was wir dagegen tun können. Finanzbuch Verlag, München 2022, 256 Seiten, 25 Euro.
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