»Es gibt Menschen, die mich für einen Son- derling halten«, weiß Arthur Dold, und das liegt nicht nur an seinem aus der Mode gekommenen Beruf: Der Siebzigjährige handelt mit Landkarten, Atlanten und Globen, allesamt Dinge, die in unserer digitalen Zeit verstaubt wirken. In der Schule war er Einzelgänger, bis er einen Bruder im Geiste fand: Christian Aplanalp, aus dem später ein weltberühmter Maler werden sollte. Zum sechzigsten Geburtstag lädt Christian seinen Jugendfreund ein. Es ist ein seltsames Fest: in einem einsamen Landhaus im irischen County Donegal, wie am Ende der Welt, und Arthur ist der einzige Gast. Unerklärliche Dinge ereigneten sich – etwas verschwindet, taucht anderswo wieder auf, mit der Haushälterin Bernadette verbringt Arthur eine Nacht, die ihm später wie ein Traum vorkommt. Arthur zweifelt mehr und mehr an seiner Wahrnehmung, an seinem Verstand. Bis zu dem Abend, an dem die Jugendfreunde beim Absinth zusammensitzen und die »grüne Fee« die Grenze zwischen Wirklichkeit und Traum, Gegenwart und Vergangenheit vollkommen verwischt. Ein Abend, der nicht nur Arthur für immer verändert.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensent Jan Drees schaut dem Tod ins Angesicht mit dieser Gespenstergeschichte von Hansjörg Schertenleib. Was einem Kartografen im irischen Landhaus eines befreundeten Malers widerfährt, reißt dem Rezensenten den Boden der Gewissheiten auf und eröffnet existenzielle Abgründe. Wie der rationale Mann allmählich ins Schattenreich des Unheimlichen und Unwahrscheinlichen gezogen wird, paranormalen Wesen und nicht existenten Räumen begegnet, findet Drees unerhört und aufregend, wenngleich Schertenleibs Sprache recht karg ist. E.T.A. Hoffmann und Shakespeares "Macbeth" lassen grüßen, meint er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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