Die Grundlage für seinen Ruhm hat Peter Zadek endgültig in den 70er Jahren gelegt, in seiner legendären Zeit als Intendant des Bochumer Schauspielhauses. Die hinreißende Revue "Kleiner Mann was nun" (nach Hans Fallada) war 1972 der Startschuss für eine Serie von magischen Theaterereignissen, v. a. großen Shakespeareinszenierungen von "Der Kaufmann von Venedig" bis "Hamlet". Aus ganz Deutschland fuhr man nach Bochum, um Ulrich Wildgruber, Hermann Lause oder Eva Mattes zu sehen. Es folgen die großen Inszenierungen am Hamburger Schauspielhaus bei Ivan Nagel, z. B. mit Ulrich Wildgrubers historischem "Othello" oder Ibsens "Wildente". Peter Zadek setzt mit diesem Band sein erstes Erinnerungsbuch "My Way" fort, wieder ein heftiges Lesevergnügen, wieder ein sehr unordentliches Buch, lebendig wegen seiner direkten, mündlichen Erzählform, voller Witz, Sarkasmus, Zärtlichkeit und Überraschungen: So entsteht das Bild einer Zeit, in der das Theater der Bundesrepublik eine unglaubliche Energie hatte, und man folgt Peter Zadek in seine Werkstatt, wo sich seine unverwechselbare Phantasie auf verschlungenen Wegen entfaltet und wo mit wunderbaren Schauspielern seine denkwürdigen Inszenierungen entstehen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.2006Ich will's ja gar nicht komplett
Erfolg ist langweilig: Der Regisseur Peter Zadek wetzt das Messer
Als Peter Zadek vor ein paar Jahren zu einer Podiumsdiskussion nach Bochum zurückkehrte, ließ ihn das Publikum so schnell nicht wieder ziehen. Wie ein Schriftsteller saß der Regisseur anschließend an einem Tisch im Foyer und signierte - nein, nicht Autogramme und auch nicht seine Autobiographie, sondern: Programmhefte von damals. Mehr als ein Vierteljahrhundert hatten die Zuschauer sie aufbewahrt, und nun standen sie Schlange, um sie dem Regisseur vorzulegen und mit ihm ins Gespräch zu kommen - als wollten sie sich die Erinnerungen an Aufführungen, die sich ihnen eingeprägt hatten, autorisieren lassen. Die große, aufregende Zeit, als Zadek das Schauspielhaus Bochum leitete, ist Teil ihres Lebens geworden, über den sie, dankbar und anhänglich, wie sie sind, viel erzählen können.
Nun erzählt Peter Zadek selbst von dieser Zeit: "Die heißen Jahre", wie er den zweiten Band seiner Memoiren überschreibt, erreichen mit der Bochumer Intendanz ihren Siedepunkt. Was sich damals innerhalb von nur fünf Jahren, von 1972 bis 1977, im Ruhrgebiet ereignete, war eine Kulturrevolution: Die Befreiung des deutschen Stadttheaters aus seinen organisatorischen wie konventionellen Zwängen. Dafür steigerte sich Zadek in eine "richtige Popularisierungswut", indem er auf volkstümliche Stücke und Darstellungsformen setzte, das Schauspielhaus mit dem Fußballclub VfL assoziierte, Themenwochenenden und Mittagsaufführungen veranstaltete, eine Kneipe im Theater und Spielstätten außerhalb eröffnete.
Was künstlerisch dabei heraussprang, war nichts Geringeres als eine Neuentdeckung Shakespeares. Vorbehalten blieb sie einem Regisseur, der als 1926 in Berlin geborener und 1933 mit seinen Eltern nach England emigrierter Jude "von einem inneren Streit zwischen meiner englischen und meiner deutschen Seite" spricht und aus dieser Spannung heraus die "kuriosesten und wahnsinnigsten Bilder" erfindet. Der Bühne konnten sie wohl nur in einer mittelgroßen, aber theatertraditionsstarken Stadt zugemutet werden, wo Zadek auf einen Kulturdezernenten traf, der etwas riskierte, und ein Publikum vorfand, dessen "Offenheit und Direktheit, Liebenswürdigkeit, Friedlichkeit und Begeisterungsfähigkeit mich völlig überrumpelt" haben. Daß sich der neue Intendant hier gleichwohl "noch fremder" fühlte als "sonst in Deutschland", hat sich einerseits als produktiv erwiesen und ihn andererseits veranlaßt, Bochum "ein bißchen früh" den Rücken zu kehren: "Irgendwann langweilte mich der große Erfolg, weil er fast automatisch kam."
Allerdings erzählt Zadek längst nicht so aufregend, wie er Regie führt: unterhaltsam und betont locker, aber nicht annähernd so kunstvoll, aufregend, dicht und hintergründig. Wie schon in "My Way" (1998), dem ersten Teil seiner Memoiren, hat er Tonbandkassetten besprochen, die redigiert wurden. Das führt nicht eben zu einem konzisen Stil, aber etwa dazu, daß bei einem, der in Italien "zu Hause" ist, der Vorname von Giorgio Strehler dreimal falsch geschrieben steht. Der Regisseur, der auch eine (nicht immer) glückliche Liebe zum Boulevard hat, plaudert nicht selten und dabei mitunter auch mehr Privates und Halbprivates aus, als es die Öffentlichkeit angeht.
"Ich bin ein eigensinniger Mann", bekennt Zadek ziemlich bald - eitel, aber auch selbstkritisch, dominant, aber auch offen, snobistisch, aber nicht dünkelhaft. Seine Haltung zur Welt, in der sich Coolness und Begeisterungsfähigkeit, Lässigkeit und Genauigkeit, Koketterie und Selbstbewußtsein verbinden, hat ihn "die heißen Jahre" intensiv erleben lassen - in diesem Buch ist mehr über Shakespeare, die Probleme seiner Übersetzung und Aufführung in Deutschland zu erfahren als im anglistischen Seminar, mehr über das Theater (nicht nur dieser Dekade), seine Funktionsweisen und Unwägbarkeiten, Betriebsblindheiten und Binnendynamik, Erpressungen und Eitelkeiten als in einem pfundschweren Standardwerk. Selbst in die aktuelle Kontroverse um das Sex- und Schmuddeltheater vermag es einzugreifen: Dem Rückblick auf den "Skandal" um seinen Hamburger "Othello" ist dazu Bedenkenswerteres zu entnehmen als der bisherigen, nur aufgeregt vordergründig geführten Debatte.
Die große Kunst der Menschenbeobachtung, die Zadeks Inszenierungen auszeichnet, schlägt auch auf seine Memoiren durch und um in messerscharfe Analysen. Der an Tschechow und Ibsen, seinen beiden anderen "Theatergöttern", geschulte Seelenzergliederer ist auch ein Meister der paradoxen Intervention: "Die Leute, die mich wirklich interessieren, sind Menschen, die ich am Anfang oft nicht mag und die mich nicht mögen." Die vielen Schauspieler, die er entdeckt, aus ihrer Routine gerissen, neu herausgefordert oder auch nur "eingesetzt" hat, die Regisseure, Bühnenbildner, Autoren und Dramaturgen, die ihn begleitet haben, machen sein Buch auch zu einer Porträtgalerie des Theaters. Sein Blick auf Günther Lüders, Hans Mahnke und O. E. Hasse, auf Ulrich Wildgruber, Hermann Lause und Ulrich Tukur, auf Eva Mattes, Hannelore Hoger, Rosel Zech, Ilse Ritter, um nur die allerwichtigsten zu nennen (Rainer Werner Fassbinder, Kurt Hübner, Ivan Nagel nicht zu vergessen), bleibt weitgehend an die Situationen, wenn nicht gar an das Interesse gebunden, das die Zusammenarbeit vorgibt: So entstehen sehr subjektive Profile, einprägsam und nicht immer "gerecht".
Schonungslos und oft schroff in seiner Kritik vermag Zadek, und das ist in Deutschland immer noch selten, Professionelles und Privates, ästhetische Urteile und freundschaftliche Zuneigung durchweg voneinander zu trennen. Das hat bei aller Unhöflichkeit etwas gnadenlos Ehrliches und macht "Die heißen Jahre" vor allem anderen zu einem Journal, das Einblicke in die Arbeitsweise und Ästhetik des Regisseurs gibt, der das Theater in Deutschland wie kein anderer seiner Generation bestimmt hat. Nicht einem Stil, sondern einer Haltung ist er dabei über die Jahrzehnte hinweg treu geblieben: "Vielleicht ist es mein Hauptmotiv, wenn ich Theater mache, die Neugierde des Publikums zu stimulieren." Nah am Leben bewegen sich seine Aufführungen, ohne es bloß abzubilden, und das läßt sie sowenig falscher Perfektion auf den Leim gehen wie die Marmorglätte des Klassikers annehmen: "Ich will keine Completeness."
Eine saloppe, unakademische Intelligenz und ein waches, unbestechliches Sensorium durchziehen diese Memoiren, die viele Sprünge und Abschweifungen nehmen. Auch wenn Zadek über das Kino reflektiert oder seine Lieblingsfilme auflistet, sich zur Kritik äußert oder von Krisen wie seiner Valium-Abhängigkeit berichtet, von dem "herrlichen Busen" der Antje Ellermann oder den Spaziergängen durch Lucca schwärmt, so gehen "Die heißen Jahre" doch kaum über eine Theaterbiographie hinaus: Studentenbewegung und Boheme, Mitbestimmung und politische Demonstrationen kommen zwar vor, doch kein Gesellschaftsbild wird gezeichnet, kein Zeitalter besichtigt. Aber auch das mag für das Theater und einen Künstler sprechen, dem es zu wichtig ist, als daß es für etwas anderes stehen könnte.
ANDREAS ROSSMANN.
Peter Zadek: "Die heißen Jahre". 1970- 1980. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 428 S., Abb., geb., 22,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erfolg ist langweilig: Der Regisseur Peter Zadek wetzt das Messer
Als Peter Zadek vor ein paar Jahren zu einer Podiumsdiskussion nach Bochum zurückkehrte, ließ ihn das Publikum so schnell nicht wieder ziehen. Wie ein Schriftsteller saß der Regisseur anschließend an einem Tisch im Foyer und signierte - nein, nicht Autogramme und auch nicht seine Autobiographie, sondern: Programmhefte von damals. Mehr als ein Vierteljahrhundert hatten die Zuschauer sie aufbewahrt, und nun standen sie Schlange, um sie dem Regisseur vorzulegen und mit ihm ins Gespräch zu kommen - als wollten sie sich die Erinnerungen an Aufführungen, die sich ihnen eingeprägt hatten, autorisieren lassen. Die große, aufregende Zeit, als Zadek das Schauspielhaus Bochum leitete, ist Teil ihres Lebens geworden, über den sie, dankbar und anhänglich, wie sie sind, viel erzählen können.
Nun erzählt Peter Zadek selbst von dieser Zeit: "Die heißen Jahre", wie er den zweiten Band seiner Memoiren überschreibt, erreichen mit der Bochumer Intendanz ihren Siedepunkt. Was sich damals innerhalb von nur fünf Jahren, von 1972 bis 1977, im Ruhrgebiet ereignete, war eine Kulturrevolution: Die Befreiung des deutschen Stadttheaters aus seinen organisatorischen wie konventionellen Zwängen. Dafür steigerte sich Zadek in eine "richtige Popularisierungswut", indem er auf volkstümliche Stücke und Darstellungsformen setzte, das Schauspielhaus mit dem Fußballclub VfL assoziierte, Themenwochenenden und Mittagsaufführungen veranstaltete, eine Kneipe im Theater und Spielstätten außerhalb eröffnete.
Was künstlerisch dabei heraussprang, war nichts Geringeres als eine Neuentdeckung Shakespeares. Vorbehalten blieb sie einem Regisseur, der als 1926 in Berlin geborener und 1933 mit seinen Eltern nach England emigrierter Jude "von einem inneren Streit zwischen meiner englischen und meiner deutschen Seite" spricht und aus dieser Spannung heraus die "kuriosesten und wahnsinnigsten Bilder" erfindet. Der Bühne konnten sie wohl nur in einer mittelgroßen, aber theatertraditionsstarken Stadt zugemutet werden, wo Zadek auf einen Kulturdezernenten traf, der etwas riskierte, und ein Publikum vorfand, dessen "Offenheit und Direktheit, Liebenswürdigkeit, Friedlichkeit und Begeisterungsfähigkeit mich völlig überrumpelt" haben. Daß sich der neue Intendant hier gleichwohl "noch fremder" fühlte als "sonst in Deutschland", hat sich einerseits als produktiv erwiesen und ihn andererseits veranlaßt, Bochum "ein bißchen früh" den Rücken zu kehren: "Irgendwann langweilte mich der große Erfolg, weil er fast automatisch kam."
Allerdings erzählt Zadek längst nicht so aufregend, wie er Regie führt: unterhaltsam und betont locker, aber nicht annähernd so kunstvoll, aufregend, dicht und hintergründig. Wie schon in "My Way" (1998), dem ersten Teil seiner Memoiren, hat er Tonbandkassetten besprochen, die redigiert wurden. Das führt nicht eben zu einem konzisen Stil, aber etwa dazu, daß bei einem, der in Italien "zu Hause" ist, der Vorname von Giorgio Strehler dreimal falsch geschrieben steht. Der Regisseur, der auch eine (nicht immer) glückliche Liebe zum Boulevard hat, plaudert nicht selten und dabei mitunter auch mehr Privates und Halbprivates aus, als es die Öffentlichkeit angeht.
"Ich bin ein eigensinniger Mann", bekennt Zadek ziemlich bald - eitel, aber auch selbstkritisch, dominant, aber auch offen, snobistisch, aber nicht dünkelhaft. Seine Haltung zur Welt, in der sich Coolness und Begeisterungsfähigkeit, Lässigkeit und Genauigkeit, Koketterie und Selbstbewußtsein verbinden, hat ihn "die heißen Jahre" intensiv erleben lassen - in diesem Buch ist mehr über Shakespeare, die Probleme seiner Übersetzung und Aufführung in Deutschland zu erfahren als im anglistischen Seminar, mehr über das Theater (nicht nur dieser Dekade), seine Funktionsweisen und Unwägbarkeiten, Betriebsblindheiten und Binnendynamik, Erpressungen und Eitelkeiten als in einem pfundschweren Standardwerk. Selbst in die aktuelle Kontroverse um das Sex- und Schmuddeltheater vermag es einzugreifen: Dem Rückblick auf den "Skandal" um seinen Hamburger "Othello" ist dazu Bedenkenswerteres zu entnehmen als der bisherigen, nur aufgeregt vordergründig geführten Debatte.
Die große Kunst der Menschenbeobachtung, die Zadeks Inszenierungen auszeichnet, schlägt auch auf seine Memoiren durch und um in messerscharfe Analysen. Der an Tschechow und Ibsen, seinen beiden anderen "Theatergöttern", geschulte Seelenzergliederer ist auch ein Meister der paradoxen Intervention: "Die Leute, die mich wirklich interessieren, sind Menschen, die ich am Anfang oft nicht mag und die mich nicht mögen." Die vielen Schauspieler, die er entdeckt, aus ihrer Routine gerissen, neu herausgefordert oder auch nur "eingesetzt" hat, die Regisseure, Bühnenbildner, Autoren und Dramaturgen, die ihn begleitet haben, machen sein Buch auch zu einer Porträtgalerie des Theaters. Sein Blick auf Günther Lüders, Hans Mahnke und O. E. Hasse, auf Ulrich Wildgruber, Hermann Lause und Ulrich Tukur, auf Eva Mattes, Hannelore Hoger, Rosel Zech, Ilse Ritter, um nur die allerwichtigsten zu nennen (Rainer Werner Fassbinder, Kurt Hübner, Ivan Nagel nicht zu vergessen), bleibt weitgehend an die Situationen, wenn nicht gar an das Interesse gebunden, das die Zusammenarbeit vorgibt: So entstehen sehr subjektive Profile, einprägsam und nicht immer "gerecht".
Schonungslos und oft schroff in seiner Kritik vermag Zadek, und das ist in Deutschland immer noch selten, Professionelles und Privates, ästhetische Urteile und freundschaftliche Zuneigung durchweg voneinander zu trennen. Das hat bei aller Unhöflichkeit etwas gnadenlos Ehrliches und macht "Die heißen Jahre" vor allem anderen zu einem Journal, das Einblicke in die Arbeitsweise und Ästhetik des Regisseurs gibt, der das Theater in Deutschland wie kein anderer seiner Generation bestimmt hat. Nicht einem Stil, sondern einer Haltung ist er dabei über die Jahrzehnte hinweg treu geblieben: "Vielleicht ist es mein Hauptmotiv, wenn ich Theater mache, die Neugierde des Publikums zu stimulieren." Nah am Leben bewegen sich seine Aufführungen, ohne es bloß abzubilden, und das läßt sie sowenig falscher Perfektion auf den Leim gehen wie die Marmorglätte des Klassikers annehmen: "Ich will keine Completeness."
Eine saloppe, unakademische Intelligenz und ein waches, unbestechliches Sensorium durchziehen diese Memoiren, die viele Sprünge und Abschweifungen nehmen. Auch wenn Zadek über das Kino reflektiert oder seine Lieblingsfilme auflistet, sich zur Kritik äußert oder von Krisen wie seiner Valium-Abhängigkeit berichtet, von dem "herrlichen Busen" der Antje Ellermann oder den Spaziergängen durch Lucca schwärmt, so gehen "Die heißen Jahre" doch kaum über eine Theaterbiographie hinaus: Studentenbewegung und Boheme, Mitbestimmung und politische Demonstrationen kommen zwar vor, doch kein Gesellschaftsbild wird gezeichnet, kein Zeitalter besichtigt. Aber auch das mag für das Theater und einen Künstler sprechen, dem es zu wichtig ist, als daß es für etwas anderes stehen könnte.
ANDREAS ROSSMANN.
Peter Zadek: "Die heißen Jahre". 1970- 1980. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 428 S., Abb., geb., 22,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Zusammen mit der schon 1998 erschienenen Autobiografie "My Way" umfasst Peter Zadeks nun stattliche 1000 Seiten, merkt Simone Kaempf an, die sich anscheinend aber auf keiner einzigen gelangweilt hat. Besonders die auf Gesprächen mit Helge Malchow basierenden "heißen Jahre", die 1972 einsetzen, haben sie überzeugt. "So spritizg, spannend und gegenwartsnah" sei Zadeks Theater schon lange nicht mehr gewesen, jubelt die Rezensentin. Hier kommentiere Zadek "mit Genauigkeit und saloppem Understatement" seine eigenen Aufführungen und erspare dem Leser die Kritik jüngerer Kollegen. Mit den Reflexionen über Zadeks Schauspieler, die den anderen Schwerpunkt des Buches bilden, entsteht so ein Bild von "zutiefst gültigen Arbeitsprinzipien", schließt Kaempf sehr eingenommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein höchst lesenswertes und unterhaltsames Buch, gespickt mit Anekdoten, Bekenntnissen, Liebes- und Lebenserklärungen, geschrieben im nonchalanten, oft saloppen Zadek-Plauderton.« Süddeutsche Zeitung
Großen Eindruck hat dieser zweite Teil von Peter Zadeks Autobiografie bei Rezensent Peter Kümmel hinterlassen. Im Wesentlichen liegt das am "unaufgeregten, fast blasierten Sachlichkeitssound", den er Peter Zadek auch in seinen Interviews verwenden sieht, und dessen Ehrlichkeit er immer wieder bestechend findet. Biografieübliche Lebensweisheitssätze kommen Kümmel zufolge daher nicht vor, weshalb er auch den Eindruck hat, einem jungen Mann und keinem Achtzigjährigen zuzuhören. Selbst eher intime Bemerkungen über Weggefährten klingen in diesem Sound für den Rezensenten noch immer respektvoll. Schließlich diagnostiziert Kümmels Zadeks Ton als"Schutzglasur". Selbst die Beschreibung der Flucht vor den Nazis klinge nur verwundert und distanziert. Eigentlich sei das Buch einer Gebrauchsanweisung für das Leben ähnlicher als einer Beschreibung desselben, gibt Kümmel über das der Zadek-Gefährtin Elisabeth Plessen diktierte Werk zu Protokoll. Es erinnert ihn vom Tonfall auch an das erfolgreichste deutschsprachige Buch der siebziger Jahre, Johannes Mario Simmels Roman "Der Stoff, aus dem die Träume sind": Zadek hat hier aus Kümmels Sicht sozusagen einen Simmel über sich selbst geschrieben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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