Die Magie eines Menschen ist größer als das gesamte Universum.
Bachtyar Ali fabuliert in ausuferndem Stil als ob er mehr als 1001 Nächteüberleben müsste.
Ist eine männliche Scheherazade. Mit dem Flügelschlag der Zeit erleben wir die Irrungen und Wirrungen eines geplagten Landes und seiner
Bewohner.
Eine Verführung durch Buchstaben, die sich durch Worte und Sätze zu phantastischen…mehrDie Magie eines Menschen ist größer als das gesamte Universum.
Bachtyar Ali fabuliert in ausuferndem Stil als ob er mehr als 1001 Nächteüberleben müsste.
Ist eine männliche Scheherazade. Mit dem Flügelschlag der Zeit erleben wir die Irrungen und Wirrungen eines geplagten Landes und seiner Bewohner.
Eine Verführung durch Buchstaben, die sich durch Worte und Sätze zu phantastischen Ge-schichten summieren, die uns, die Leserinnen und Leser, in Labyrinthe führen, mit politischen, kriegerischen, wirtschaftlichen, abenteuerlichen Abzweigungen. Mitunter etwas zu detailliert, aber vielleicht notwendig, um die einzelnen Charaktere in ihrer Tiefe zu zeichnen und ihre sie prägende Umwelt von Stammesdenken, von Ehre, Rache und Stolz.
Neben der weiblichen Hauptperson, Sausan, bilden die männlichen „Mitspieler“ ein Panorama der kurdischen Gesellschaft zur Zeit Saddam Husseins:
ihr Vater Fikrat Guldantschi, der eine Tausend Bände umfassende Bibliothek sein eigen nennt und dessen Haus mit Statuen, Ikonen und Masken aus aller Welt geschmückt ist.
Mansur Babagaura, der älteste und bekannteste Messerheld der Stadt, der sich selbst als Künstler sieht und Narben von 11 Stichen vorweisen kann.
Fauzi Bag aus dem Amuni-Clan, der sich rühmt, das Schahname von Firdaus dreimal gelesen zu haben und natürlich auch mit den Werken von Khayyam, Hafiz und Rumi vertraut ist.
Aryan Jaudat, der die Wände des Hauses unentwegt mit neuen Landschaftsgemälden verändert.
Und vor allem die drei, in Sausan heiß verliebten, um ihre Hand anhaltenden jungen Männer: Kameran Selma, Asrin Ibrahim und Khalid Amun.
Wer macht das Rennen um die heiß begehrte Frau, die so gar nicht den klassischen Kriterien einer kurdischen Ehefrau entspricht? Sie zeigt sich selten in der Öffentlichkeit, ist ungeschminkt und schlicht gekleidet. Sausan ist ein zartes, kränkliches, blasses Wesen, leidet an Kopfschmerzen, Blutarmut und zu niedrigem Blutdruck. Sie lebt in einer von ihr selbst geschaffenen Welt der Isolation: in der Bibliothek ihres Vaters, wo sie sich in die Bücher über fremde Länder, Vögel und Pflanzen vertieft, Enzyklopädien und Landkarten studiert. Sie verliert sich in Träumen von einer anderen, einer bunteren und weiteren Welt als der realen, banalen engen eigenen Welt.
Sie lädt alle drei jungen Männer zu einem Gastmal ein und stellt ihre fast skurrilen Forderungen.
Die Bewerber müssten die Welt erkunden und ihr hundert seltene Vögel bringen. Eine Rückkehr nach erst acht Jahren gehöre zu den Bedingungen und ganz offen verkündet sie: wenn sie denn lebend zurückkehrten und sie selbst noch am Leben sei, sei es nicht sicher, ob sie tatsächlich einen von ihnen heiraten würde. „Zur Zeit ist keiner von euch mein Favorit. Ihr drei seid alle gleich, wie alle Männer dieser Stadt."
Alle drei machen sich gehorsam auf den Weg in die weite, ihnen so unbekannte Welt und alle drei kehren heil, aber verändert zurück. Sie haben viel erlebt und gesehen und diese Weltreise zeigt nun ihr ursprüngliches Wesen. Aber auch Sausan hat sich in diesen acht Jahren verändert. Neue Kriege - Saddams Einmarsch in Kuwait, sein Sturz und all die damit verbundenen innenpolitischen Konsequenzen wie die grassierende Armut der Bevölkerung.
Von dem „Papageno“ ihrer Wahl wird sie erweckt wie Dornröschen aus ihrem Tiefschlaf. Sie wird zur Frau und sie träumt nicht nur, sie lebt. Die Zeit war wie ein großer Kreis, kein Platz für alten Hass. Jeder sucht nach einem Funken Hoffnung. Doch der löst sich auf durch die Macht des Schicksals. Sausan verschwindet im Nebel des Lebens.
Bachtyar Ali ist wieder eine wundervolle, rätselhafte, erleuchtende Saga des Menschseins gelungen mit all seinen Facetten. Gültig damals und heute, dort und hier: eine Zeit voll „Fallen für Netze und unschuldige Vögel“ (Nietzsche)