"Die Hexe und die Heilige" ist meine erste literarische Begegnung mit Ulrike Schweikert, die mit ihren zahlreichen (häufig erfolgreich verfilmten) historischen Romanen einen festen Platz in allen Buchhandlungen behauptet. "Die Hexe und die Heilige" bildet den ersten Band der "Helena und
Sibylla"-Reihe und entführt nach Deutschland am Vorabend des 30-jährigen Krieges:
Das ansprechende Cover…mehr"Die Hexe und die Heilige" ist meine erste literarische Begegnung mit Ulrike Schweikert, die mit ihren zahlreichen (häufig erfolgreich verfilmten) historischen Romanen einen festen Platz in allen Buchhandlungen behauptet. "Die Hexe und die Heilige" bildet den ersten Band der "Helena und Sibylla"-Reihe und entführt nach Deutschland am Vorabend des 30-jährigen Krieges:
Das ansprechende Cover verweist auf die besondere Sachkenntnis der Hebammen im Mittelalter. Man sieht einen Stößel, mit dem die frisch gesammelte Kräuter in einer Schale zerstoßen und zu einer Creme, Salbe oder Tinktur weiterverarbeitet werden. Auch der aussagekräftige Titel ist gut gewählt. Denn er führt allen Lesern deutlich vor Augen, dass es von den jeweiligen Lebensumständen abhängig war, ob "Visionen" als göttliche oder teuflische Zeichen betrachtet wurden.
Der historische Roman "Die Hexe und die Heilige" spielt an zwei verschiedenen Schauplätzen, nämlich in dem katholischen Ellwangen und dem protestantischen Leonberg. Im Mittelpunkt stehen die Zwillinge Helena und Sibylla Schenkh, die in eine relativ gutsituierte bürgerliche Familie hineingeboren werden. Wie ein roter Faden zieht der Aberglauben sich durch die ersten Kapitel. Schon die Geburt der Zwillinge steht unter einem dunklen Vorzeichen. Sie sollen Unglück bringen - und als ihr ältester Bruder einem Anschlag zum Opfer fällt, scheint sich dieser Verdacht zu bestätigen. Ihre Kindheit verläuft unglücklich; aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten werden sie von allen Bewohnern misstrauisch beäugt. Nach dem (von ihnen bei seiner Abreise angekündigten) Unfalltod des Vaters will ihre Mutter sie vor übler Nachrede und möglichen Verdächtigungen schützen. Um Gott gnädig zu stimmen, wird Helena in einem Kloster untergebracht; Sibylla soll bei ihrer weit entfernt lebenden Tante aufwachsen, doch aufgrund von unvorhersehbaren Ereignissen landet sie in einem protestantisch geprägten Haushalt, der in einem krassen Gegensatz zu ihrer katholischen Erziehung steht. Als heranwachsendes hübsches Mädchen erlebt Sibylla den aufkommenden Hexenwahn hautnah mit. Ihre "Ziehmutter" arbeitet als Hebamme, und sie darf sie zu allen Geburten begleiten und sie unterstützen, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Kräuterkundige Hebammen leben gefährlich; Fehl- und Frühgeburten sowie missgebildete oder tot zur Welt gekommene Kinder können ihnen angelastet werden; Abtreibungen müssen heimlich durchgeführt werden; Empfängnisverhütung ist streng verboten. Sibylla lässt sich nicht einschüchtern. In allen Gesprächen bezieht sie eine klare Position und hinterfragt kritisch die Motive der Ankläger, die unschuldige Menschen zu "Sündenböcken" erklären und denunzieren. Als die ersten Scheiterhaufen in Leonberg brennen, flieht sie nach Ellwangen. Auch in ihrer Heimat, die von Missernten, Armut, Mangelernährung und Krankheiten erschüttert wird, kann sie sich nicht sicher fühlen. Durch die vom Fürstprobst eingesetzte Inquisition kommt es zu einer Fülle von Hexenprozessen, und Sybilla gerät durch ihre berufliche Tätigkeit als Hebamme, ihren mutigen Einsatz für alle in den Gefängnissen brutal gefolterten und dahin vegetierenden Opfer der Hexenverfolgung sowie ihre verbotene Liebe zu einem katholischen Pfarrer in tödliche Gefahr.
Leider handelt es sich nicht nur um literarische Fiktion, sondern auch um historisch verbürgte Ereignisse, wie Ulrike Schweikert in ihrem ausführlichen Nachwort erklärt. Der historische Roman "Die Hexe und die Heilige" ist eine erschütternde Lektüre über eines der dunkelsten Kapitel in der deutschen (Kirchen-) Geschichte, die niemals in Vergessenheit geraten dürfen.