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  • Format: ePub

Raymonde horchte auf. Wieder und wieder war das Geräusch zu hören, deutlich genug, um es von den vielen schwachen Geräuschen zu unterscheiden, die den Hintergrund für die nächtliche Ruhe bildeten, aber so leise, daß sie nicht sagen konnte, ob es nah oder fern war, ob es innerhalb der Mauern des großen Schlosses oder draußen im dunklen Unterholz des Parks entstand. Langsam erhob sie sich. Das Fenster war halb geöffnet; sie schob die Flügel auseinander. Das Mondlicht schien auf die ruhigen Wiesen und Haine, in denen sich die verstreuten Ruinen der alten Abtei als tragische Silhouetten…mehr

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  • Größe: 1.58MB
Produktbeschreibung
Raymonde horchte auf. Wieder und wieder war das Geräusch zu hören, deutlich genug, um es von den vielen schwachen Geräuschen zu unterscheiden, die den Hintergrund für die nächtliche Ruhe bildeten, aber so leise, daß sie nicht sagen konnte, ob es nah oder fern war, ob es innerhalb der Mauern des großen Schlosses oder draußen im dunklen Unterholz des Parks entstand. Langsam erhob sie sich. Das Fenster war halb geöffnet; sie schob die Flügel auseinander. Das Mondlicht schien auf die ruhigen Wiesen und Haine, in denen sich die verstreuten Ruinen der alten Abtei als tragische Silhouetten abzeichneten: abgebrochene Säulen, unvollständige Spitzböge, Ansätze von Säulengängen und Reste von Strebebögen. Ein leiser Wind strich über die Oberflächen der Dinge, glitt durch die kahlen, reglosen Zweige der Bäume, bewegte aber die kleinen, aufkeimenden Blätter der Beete. Plötzlich wieder das gleiche Geräusch. Es war zu ihrer Linken und unterhalb des Stockwerks, in dem sie wohnte, also in den Salons, die den Westflügel des Schlosses einnahmen. Obwohl sie tapfer und stark war, spürte die junge Frau die Beklemmung der Angst. Sie zog ihren Hausmantel an und griff nach den Streichhölzern. "Raymonde ... Raymonde ..." Eine schwache Stimme wie ein Atemzug rief sie aus dem Nachbarzimmer, dessen Tür offen stand. Sie tastete sich dorthin, als ihre Cousine Suzanne ihr aus diesem Zimmer entgegenkam und ihr in die Arme fiel. "Raymonde ... bist du es? ... Hast du es gehört?" "Ja ... kannst du nicht schlafen?" "Ich nehme an, es war der Hund, der mich geweckt hat ... schon lange ... Aber er bellt nicht mehr. Wie spät mag es sein?" "Ungefähr vier Uhr." "Horch ... jemand läuft durch den Salon." "Es besteht keine Gefahr, dein Vater ist da, Suzanne." "Aber es besteht Gefahr für ihn. Er schläft neben dem kleinen Salon." "Herr Daval ist auch da ..." "Am anderen Ende des Schlosses ... Wie soll er es hören?" Sie zögerten und wußten nicht, wozu sie sich entschließen sollten. Sollen sie schreien? Um Hilfe rufen? Sie wagten es nicht, denn schon der Klang ihrer eigenen Stimmen erschien ihnen furchterregend. Suzanne, die ans Fenster getreten war, unterdrückte einen Schrei. "Schau ... ein Mann am Bassin." Tatsächlich entfernte sich ein Mann mit schnellen Schritten. Er trug einen ziemlich großen Gegenstand unter dem Arm, den sie nicht erkennen konnten, und der an seinem Bein baumelte und seinen Gang behinderte. Sie sahen ihn an der alten Kapelle vorbeigehen und auf eine kleine Tür in der Wand ...

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Autorenporträt
Maurice Leblanc lebte von 1864 bis 1941 und war ein französischer Schriftsteller.