Inhaltsangabe:Einleitung: Nach den Ergebnissen einer Studie des Emnid-Instituts müsste die Geschichte des Nationalsozialismus neu geschrieben werden. Denn 26 Prozent der Befragten gaben in dieser Studie an, Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, geholfen zu haben; 13 Prozent behaupteten, im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv gewesen zu sein; 17 Prozent wehrten sich angeblich mit Worten gegen die Nationalsozialisten, wenn es darum ging, Drangsalierte zu verteidigen. ¿Dass die deutschen Volksgenossinnen und -genossen zu großen Teilen eher eine Gemeinschaft von Freiheitskämpfern als von willigen Vollstreckern bildeten, verdeutlichen auch Zahlen wie die, dass lediglich ein Prozent¿ der Befragten angab, Deutsche wären ¿an Verbrechen beteiligt¿ gewesen. ¿Antijüdisch sind nach Auffassung der Befragten ganze drei Prozent gewesen.¿ Diese Repräsentativumfrage ist eine Momentaufnahme des kommunikativen Gedächtnisses der Deutschen. Sie wurde durchgeführt, nachdem eine qualitative Studie aus dem Jahr 1998 zum Nationalsozialismus sieben unterschiedliche Tradierungstypen (Opferschaft, Rechtfertigung, Distanzierung, Faszination, Überwältigung, Heroisierung und Viktimisierung) des Nationalsozialismus unterscheiden konnte, die belegen, dass trotz der umfangreichen Aufklärung durch Medien und Schulen Holocaust und Nationalsozialismus im Familiengedächtnis, d. h. in einer Form des kommunikativen Gedächtnisses, anders als geschichtspolitisch gewollt tradiert werden. Neben dem kommunikativen Gedächtnis stellt das kulturelle Gedächtnis eine weitere und andere, weil dauerhafte Form des Erinnerns dar. Während das kommunikative Gedächtnis maximal drei Generationen umfasst und nur Erinnerungen aus der neueren Vergangenheit zu bewahren vermag, schafft das kulturelle Gedächtnis Artefakte, die zum Lernen auffordern und durch Bildungsinstitutionen gefördert und abgestützt werden. Das kommunikative Gedächtnis basiert auf Erinnerungen von Zeitzeugen, also einer historisch abgegrenzten Gruppe, und vergeht mit diesen Trägern. Das kulturelle Gedächtnis dagegen dient dazu, mit den Bürgern einer Gesellschaft in langfristiger historischer Perspektive überlebenszeitlich zu kommunizieren und sich damit einer Identität zu vergewissern, die durch Zugehörigkeit zu einer generationsübergreifenden Überlieferung und weitgespannten historischen Erfahrung entsteht. Mit dem ¿Aussterben¿ der Zeitzeugen des Holocaust kommt den nachfolgenden Generationen die [...]
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