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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Es ist die Geschichte einer tragisch endenden Flucht: Der junge Crispin Mohr, Kind armer Eltern, muss weit fort, um seine gewalttätige Familie zu vergessen. So meldet er sich 1903 freiwillig zur Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika und findet sich unversehens an einem der brutalsten Orte der Zeit wieder. "Die Hottentottenwerft" ist ein leidenschaftlicher Roman, eine Reise ins Herz der Finsternis und in ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte.
"Daran erkenne ich meine Pappenheimer", lässt Friedrich Schiller seinen Feldherrn Wallenstein sagen, der damit auf die fast schon schmerzhafte Loyalität und Wahrheitsliebe seiner Kavalleristen anspielt. Auch Crispin Mohr, der aus Pappenheim stammende Held in Ludwig Fels' existentiellem Abenteuerroman, ist im Tiefsten eine schillersche Figur: empfindsam, rebellisch und viel zu impulsiv. Es ist zivilisierter Wesen unwürdig, was Crispin an himmelschreienden Ungerechtigkeiten und überheblicher Grausamkeit jeden Tag sieht, doch weder seine Kameraden noch sein Vorgesetzter verstehen, warum er die meisten Befehle verweigert.
Ludwig Fels ist ein emphatischer Autor, dessen lakonische Dialoge von unterdrückten Emotionen vibrieren und dessen Landschaftsbilder so melancholisch wie expressiv sind. Man versteht angesichts der bedrohlich gleißenden Wüste unter giftgrünem Himmel, wie verloren sich die jungen Burschen in dieser unbarmherzigen Natur fühlen mussten. Als Crispin sich in die Enkelin eines Stammesfürsten verliebt und es wagt, sie menschlich zu behandeln, wird er, ohne es recht zu wollen, zum Feind seiner Truppe und findet sich auf Seiten der aufständischen Nama (holländisch "Hottentotten") wieder - die ihm gleichwohl misstrauen. Der Hottentottenaufstand erreicht im Frühjahr 1904 seinen Höhepunkt, und Crispin, der zwischen die Fronten gerät, wird zum Seismographen wider Willen. Wie ein Klagegesang liest sich der Roman, der aber in jeder Zeile auch Hymnus auf ein rätselhaftes, grausames und ungeheuerliches Leben ist.
nhb.
Ludwig Fels: "Die Hottentottenwerft". Roman. Verlag Jung & Jung, Salzburg 2015. 390 S., 24,90 [Euro].
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