Leyla wollte immer nur eins: Tanzen. Doch nach einem Unfall muss sie das Bolschoi-Theater in Moskau verlassen. Altay ist Psychiater. Nachdem sich seine große Liebe umgebracht hat, lässt er keinen Mann mehr an sich heran. Altay und Leyla führen eine Scheinehe, um ihre Familien ruhig zu stellen. Als die beiden mit Mitte Zwanzig in Berlin von vorne anfangen, tritt Jonoun in ihr Leben. Olga Grjasnowa erzählt von zwei Frauen und einem Mann, die von der Liebe träumen, aber auch nicht wissen, wie man mit der Liebe lebt. Eine rasante Dreiecksgeschichte und ein ungeheuer direkt erzählter Roman über Glück und Unglück in einer Zeit, da alles möglich scheint.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.2014Der Rücken einer Ballerina kann alles aushalten
Liebe in Zeiten der Egozentrik: Olga Grjasnowa erzählt vom unaufgeräumten Gefühlshaushalt ihrer Generation
Es beginnt mit einer drastischen Szene: Eine junge Frau befindet sich in einer Zelle, von der es heißt, sie sehe aus "wie der Hauptschauplatz eines schlechten Film noir". Von dort wird sie dreimal täglich zum Verhör geholt, geschlagen und gedemütigt. Leyla ist aber keine Regimegegnerin, sie gehört zur Jeunesse dorée von Baku und hat an einem illegalen Autorennen teilgenommen, eines der "wenigen Vergehen, die sich nicht mit Geld regeln ließen". Eine Anklage wegen Hooliganismus droht indes nicht, zehn Tage Polizeihaft sind üblicherweise Strafe genug.
Die aus Baku gebürtige Berlinerin Olga Grjasnowa macht den Moment, in dem ihre selbstbewusste Heldin ganz unten angekommen ist, zum Drehpunkt ihrer Geschichte, zur Stunde null, von der aus im ersten Teil die Kapitelzählung zwecks Rückblende zurückläuft, ehe im zweiten erzählt wird, was danach geschah. Das Dreieck ist dabei die bestimmende geometrische Figur: Dreieckig ist die fragile Beziehungskiste, die im Mittelpunkt des Geschehens steht, ein Dreieck bilden auch die Schauplätze Baku, Moskau und Berlin. In Berlin, der "Stadt des Exils", haben die vom Bolschoi geflüchtete Ballerina Leyla und die Medienkunstabsolventin Jonoun aus Israel einander gefunden, ihre heftige Affäre bringt nicht nur Jonouns heterosexuelle Orientierung ins Wanken, sie gefährdet auch Leylas Ehe, sobald die junge Israelin in der Kreuzberger Wohnung des Paares einzieht.
Ehemann Altay stammt ebenfalls aus Baku, er arbeitet als Drogenarzt und ist, was kaum noch überrascht, schwul. Nichtsdestoweniger führen er und Leyla eine geradezu symbiotisch innige und auch sexuell erfüllte Beziehung: Was ursprünglich als Pro-forma-Ehe gedacht war, um den traditionellen Ansprüchen ihrer aserbaidschanischen Familien zu genügen, hat sich in echte Zuneigung verwandelt. Dabei hatte Altay nach dem Selbstmord seiner großen Liebe (eines jungen Süchtigen) eigentlich beschlossen, den großen Gefühlen abzuschwören. Wohingegen Leyla als Tochter einer egoistischen Mutter bisher die Erfahrung gemacht hatte, dass "Liebe aus Leistung" resultierte: "sie hatte früh begriffen, dass sie tanzen musste, um geliebt zu werden".
Mit ähnlicher Unerschrockenheit wie in ihrem vielgerühmten Debüt "Der Russe ist einer, der Birken liebt" erzählt Olga Grjasnowa vom bald unterkühlten, bald überhitzten, meist jedenfalls unaufgeräumten Gefühlshaushalt ihrer Generation und von möglichen Vorgeschichten: dem militärischen Drill der (post-)sowjetischen Ballettausbildung, der masochistischen Sucht nach schmerzhafter Beinarbeit, der Kasteiung durch grammgenaue Diät, der Kompensation durch Drogen und Sex; oder von der handfesten Gefahr für Leib und Leben, die Homosexuelle auf dem Boden der einstigen Sowjetunion wie eh und je zu erdulden haben.
Grjasnowa beschreibt mit messerscharfer Analytik eine brutale und lieblose Gesellschaft, das "Elend dickensschen Ausmaßes", das nach dem Zerfall der Sowjetunion um sich griff: "Daneben die neuen Russen, blonde Frauen im Zentrum von Moskau, die kollektiv Pamela Anderson kopierten und auf Pelze, Blutdiamanten und It-Bags setzten", während ihre "kastenförmigen" Männer unmissverständlich signalisierten, "dass Manieren ab sofort der Vergangenheit angehörten".
Auch das Aserbaidschan von heute, ein brutaler, ölgesättigter Operettenstaat in ewiger Anbetung des 2003 verstorbenen Präsidenten Haidar Alijew, hat eine Kaste hervorgebracht, die sich selbst genügt: "Der Westen hatte sie enttäuscht. Er war ihrer Kaufkraft nicht gewachsen" - und die Demokratie war nicht für Ausländer gemacht. Das mussten auch Altay und Leyla erfahren, die das gelobte Land gleichsam barfuß betraten: Um die Berliner Liberalität genießen zu können, empfiehlt es sich dringend, weiß und reich zu sein. Leyla setzt hier ihre verletzungsbedingt geknickte Karriere als Ballerina erfolgreich fort, aber sie weiß nicht, ob sie das wirklich will. Auch in Liebesdingen gelangt sie zur mäßig originellen Einsicht: "Der freie Wille ist eine schwierige Sache." So kehrt Leyla denn, um ihr "Leben für eine Weile zu verlassen", zurück nach Baku, in die privilegierten Künstlerkreise ihrer Eltern, und ihre Trabanten folgen ihr nach.
Rotzig und trotzig, voll Eigensinn und Kaltschnäuzigkeit, aber auch mit überraschendem Feingefühl begleitet die Erzählstimme die Hauptheldin, die ihr kerzengerades Balletteusenrückgrat der Welt wacker entgegenstemmt, sowie etliche treffend gezeichnete Episodenfiguren, die das erotische Dreiecksmotiv variieren. Sie alle tummeln sich, im Westen wie im Osten, in einer Sphäre des Schmutzes und der Verkommenheit, die bloß den einen Trost bietet: dass dem Dreck etwas Pittoreskes anhaftet. Ein großes Spatzensterben in Deutschland steht als Sinnbild für eine apokalyptische Bedrohung, auf der anderen Seite verkörpert der sagenhafte persische Vogel Simurgh unbeschwerte Weisheit und Selbsterkenntnis.
Dass Olga Grjasnowa mit der Exotik ihrer Schauplätze, der Extravaganz ihrer Milieus und dem Versprechen jugendlicher Authentizität ein Lesebedürfnis in deutschen Landen befriedigt, muss man ihr nicht zum Vorwurf machen: Offenkundig erzählt sie von Sachen, Ländern und Menschen, die sie gut kennt. Und sie tut es prägnant, sinnlich-anschaulich und mit Verve. Der Reigen fügt sich wie von selbst zum Generationenporträt, zu einer Vignette über die Liebe in den Zeiten der Cholera - die heute nicht mehr Aids heißt, sondern Egozentrik.
Auf einer privaten Liste von Dingen, die ihm seine Frau liebenswert machen, führt Altay einmal "die juristische Unschärfe ihrer Ehe" an. Dabei ist das Einzige, was an dieser Ehe nicht unscharf ist, ihr juristischer Status. Vor dem Gesetz sind die beiden Mann und Frau, und am Ende denken sie sogar über Nachwuchs nach. Die labile Jonoun bleibt ebenso auf der Strecke wie Farid, der rustikale Politikersohn, den Altay in Baku kennengelernt hat. In seinem und Leylas kaukasischem Kreidekreis ist letzten Endes nur Platz für zwei - oder drei. Wie schön: Vater, Mutter, Kind als postheteronormative Musterfamilie.
DANIELA STRIGL
Olga Grjasnowa: "Die juristische Unschärfe einer Ehe". Roman.
Carl Hanser Verlag, München 2014. 272 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Liebe in Zeiten der Egozentrik: Olga Grjasnowa erzählt vom unaufgeräumten Gefühlshaushalt ihrer Generation
Es beginnt mit einer drastischen Szene: Eine junge Frau befindet sich in einer Zelle, von der es heißt, sie sehe aus "wie der Hauptschauplatz eines schlechten Film noir". Von dort wird sie dreimal täglich zum Verhör geholt, geschlagen und gedemütigt. Leyla ist aber keine Regimegegnerin, sie gehört zur Jeunesse dorée von Baku und hat an einem illegalen Autorennen teilgenommen, eines der "wenigen Vergehen, die sich nicht mit Geld regeln ließen". Eine Anklage wegen Hooliganismus droht indes nicht, zehn Tage Polizeihaft sind üblicherweise Strafe genug.
Die aus Baku gebürtige Berlinerin Olga Grjasnowa macht den Moment, in dem ihre selbstbewusste Heldin ganz unten angekommen ist, zum Drehpunkt ihrer Geschichte, zur Stunde null, von der aus im ersten Teil die Kapitelzählung zwecks Rückblende zurückläuft, ehe im zweiten erzählt wird, was danach geschah. Das Dreieck ist dabei die bestimmende geometrische Figur: Dreieckig ist die fragile Beziehungskiste, die im Mittelpunkt des Geschehens steht, ein Dreieck bilden auch die Schauplätze Baku, Moskau und Berlin. In Berlin, der "Stadt des Exils", haben die vom Bolschoi geflüchtete Ballerina Leyla und die Medienkunstabsolventin Jonoun aus Israel einander gefunden, ihre heftige Affäre bringt nicht nur Jonouns heterosexuelle Orientierung ins Wanken, sie gefährdet auch Leylas Ehe, sobald die junge Israelin in der Kreuzberger Wohnung des Paares einzieht.
Ehemann Altay stammt ebenfalls aus Baku, er arbeitet als Drogenarzt und ist, was kaum noch überrascht, schwul. Nichtsdestoweniger führen er und Leyla eine geradezu symbiotisch innige und auch sexuell erfüllte Beziehung: Was ursprünglich als Pro-forma-Ehe gedacht war, um den traditionellen Ansprüchen ihrer aserbaidschanischen Familien zu genügen, hat sich in echte Zuneigung verwandelt. Dabei hatte Altay nach dem Selbstmord seiner großen Liebe (eines jungen Süchtigen) eigentlich beschlossen, den großen Gefühlen abzuschwören. Wohingegen Leyla als Tochter einer egoistischen Mutter bisher die Erfahrung gemacht hatte, dass "Liebe aus Leistung" resultierte: "sie hatte früh begriffen, dass sie tanzen musste, um geliebt zu werden".
Mit ähnlicher Unerschrockenheit wie in ihrem vielgerühmten Debüt "Der Russe ist einer, der Birken liebt" erzählt Olga Grjasnowa vom bald unterkühlten, bald überhitzten, meist jedenfalls unaufgeräumten Gefühlshaushalt ihrer Generation und von möglichen Vorgeschichten: dem militärischen Drill der (post-)sowjetischen Ballettausbildung, der masochistischen Sucht nach schmerzhafter Beinarbeit, der Kasteiung durch grammgenaue Diät, der Kompensation durch Drogen und Sex; oder von der handfesten Gefahr für Leib und Leben, die Homosexuelle auf dem Boden der einstigen Sowjetunion wie eh und je zu erdulden haben.
Grjasnowa beschreibt mit messerscharfer Analytik eine brutale und lieblose Gesellschaft, das "Elend dickensschen Ausmaßes", das nach dem Zerfall der Sowjetunion um sich griff: "Daneben die neuen Russen, blonde Frauen im Zentrum von Moskau, die kollektiv Pamela Anderson kopierten und auf Pelze, Blutdiamanten und It-Bags setzten", während ihre "kastenförmigen" Männer unmissverständlich signalisierten, "dass Manieren ab sofort der Vergangenheit angehörten".
Auch das Aserbaidschan von heute, ein brutaler, ölgesättigter Operettenstaat in ewiger Anbetung des 2003 verstorbenen Präsidenten Haidar Alijew, hat eine Kaste hervorgebracht, die sich selbst genügt: "Der Westen hatte sie enttäuscht. Er war ihrer Kaufkraft nicht gewachsen" - und die Demokratie war nicht für Ausländer gemacht. Das mussten auch Altay und Leyla erfahren, die das gelobte Land gleichsam barfuß betraten: Um die Berliner Liberalität genießen zu können, empfiehlt es sich dringend, weiß und reich zu sein. Leyla setzt hier ihre verletzungsbedingt geknickte Karriere als Ballerina erfolgreich fort, aber sie weiß nicht, ob sie das wirklich will. Auch in Liebesdingen gelangt sie zur mäßig originellen Einsicht: "Der freie Wille ist eine schwierige Sache." So kehrt Leyla denn, um ihr "Leben für eine Weile zu verlassen", zurück nach Baku, in die privilegierten Künstlerkreise ihrer Eltern, und ihre Trabanten folgen ihr nach.
Rotzig und trotzig, voll Eigensinn und Kaltschnäuzigkeit, aber auch mit überraschendem Feingefühl begleitet die Erzählstimme die Hauptheldin, die ihr kerzengerades Balletteusenrückgrat der Welt wacker entgegenstemmt, sowie etliche treffend gezeichnete Episodenfiguren, die das erotische Dreiecksmotiv variieren. Sie alle tummeln sich, im Westen wie im Osten, in einer Sphäre des Schmutzes und der Verkommenheit, die bloß den einen Trost bietet: dass dem Dreck etwas Pittoreskes anhaftet. Ein großes Spatzensterben in Deutschland steht als Sinnbild für eine apokalyptische Bedrohung, auf der anderen Seite verkörpert der sagenhafte persische Vogel Simurgh unbeschwerte Weisheit und Selbsterkenntnis.
Dass Olga Grjasnowa mit der Exotik ihrer Schauplätze, der Extravaganz ihrer Milieus und dem Versprechen jugendlicher Authentizität ein Lesebedürfnis in deutschen Landen befriedigt, muss man ihr nicht zum Vorwurf machen: Offenkundig erzählt sie von Sachen, Ländern und Menschen, die sie gut kennt. Und sie tut es prägnant, sinnlich-anschaulich und mit Verve. Der Reigen fügt sich wie von selbst zum Generationenporträt, zu einer Vignette über die Liebe in den Zeiten der Cholera - die heute nicht mehr Aids heißt, sondern Egozentrik.
Auf einer privaten Liste von Dingen, die ihm seine Frau liebenswert machen, führt Altay einmal "die juristische Unschärfe ihrer Ehe" an. Dabei ist das Einzige, was an dieser Ehe nicht unscharf ist, ihr juristischer Status. Vor dem Gesetz sind die beiden Mann und Frau, und am Ende denken sie sogar über Nachwuchs nach. Die labile Jonoun bleibt ebenso auf der Strecke wie Farid, der rustikale Politikersohn, den Altay in Baku kennengelernt hat. In seinem und Leylas kaukasischem Kreidekreis ist letzten Endes nur Platz für zwei - oder drei. Wie schön: Vater, Mutter, Kind als postheteronormative Musterfamilie.
DANIELA STRIGL
Olga Grjasnowa: "Die juristische Unschärfe einer Ehe". Roman.
Carl Hanser Verlag, München 2014. 272 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit Sympathie hat Daniela Strigl den neuen Roman von Olga Grjasnowa gelesen, der von "unaufgeräumten Gefühlshaushalt" einer jungen Liebes-WG in Berlin erzählt: einer Ballerina, die dem militärischen Drill des Moskauer Bolschoi entkommen ist, einer israelischen Medienkünstlerin und einem schwulen Armenarzt aus Baku. Die Exotik und Extravaganz des Milieus lässt sich die Rezensentin gern gefallen, den eigensinnigen Tonfall der Autorin auch. Dankbar nimmt Strigl auch gewisse Einblicke in den aserbaidschanischen Operettenstaat mit, dessen Öl-Kaste sich enttäuscht vom Westen abwandte: "Er war ihrer Kaufkraft nicht gewachsen." Das konventionelle Ende der Geschichte nimmt die Rezensentin der Autorin jedoch etwas übel, der Titel dagegen leuchtet ihr überhaupt nicht ein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.10.2014Dehnen und Sehnen
Von der Schwierigkeit, Balance zu halten – im Leben und in der Liebe
Olga Grjasnowas Roman „Die juristische Unschärfe einer Ehe“
VON MEIKE FESSMANN
Wie Peitschenhiebe knallen die Sätze in Olga Grjasnowas zweitem Roman, der mit hoher Energie von den wildgewordenen Kindern der globalen Bohème erzählt. Er beginnt in einer Gefängniszelle in Baku, wo Leyla, eine der drei in Berlin lebenden Hauptfiguren, gelandet ist, nachdem sie aus lauter Langeweile an illegalen Autorennen teilgenommen hat. Was üblicherweise Prolog heißt, trägt hier eine Ziffer: „0“. Und eben dort, am Nullpunkt ihres Lebens, ist Leyla mit Mitte zwanzig angekommen. Vielleicht wird ein Neustart daraus, wie das Ende vermuten lässt. Zunächst aber ist es eine effektvolle Ouvertüre für einen Roman, der die verschlungenen Lebenswege seiner Hauptfiguren mit harten Schnitten als szenische Nummernrevue präsentiert.
Olga Grjasnowa, 1984 in Baku geboren und 1996 mit ihrer Familie nach Deutschland emigriert, hat Leyla einen Beruf gegeben, der sich auf die Formensprache ihres Romans auswirkt. Sie ist Ballerina, hat es zwar nie zur Solistin gebracht, wohl aber ins Corps de Ballet des Moskauer Bolschoi-Theaters und später des Berliner Staatsballetts. Sie ist mit Altay verheiratet, einem Arzt, der ebenfalls aus Baku stammt, wo sie ihre Ehe nur geschlossen haben, um ihre Homosexualität zu verbergen. Als sich Jonoun dazu gesellt, eine in Indien geborene, in Israel aufgewachsene Performance-Künstlerin, die es aus New York nach Berlin verschlagen hat, wird das gut eingespielte Paar, das sich alle Freiheiten lässt und dabei eine ganz eigene Form der Liebe entwickelt, zu einem wackligen Dreieck. Konflikte gibt es an allen Ecken.
„Die juristische Unschärfe einer Ehe“ (der Titel bezieht sich auf eine Liste, in der Altay aufführt, was er an seiner Frau liebt) erzählt die Geschichte dieses Dreiecks nicht chronologisch, sondern in lauter einzelnen Pirouetten. Mal bildet diese, mal jene Figur die Achse, um die sich eine Szene dreht, zu verschiedenen Zeiten, und an verschiedenen Orten. Im ersten, in Berlin verankerten Teil sind die Szenen von -29 bis -1 durchnummeriert, im zweiten Teil, der seinen Schwerpunkt in Baku hat und quer durch Aserbaidschan nach Georgien und Armenien führt, geht es von 1 nach 29. Der Nullpunkt ist nach vorne in den Prolog verlegt, zu Leyla, die gefesselt und misshandelt in ihrer Zelle liegt. Die strenge Komposition des Romans legt nahe, dass seine Formensprache Teil seiner Semantik ist.
Von der Schwierigkeit, die Balance zu halten, erzählt der Roman in mehrfacher Hinsicht. Es geht um die Balance zwischen Psyche und Physis, zwischen Bindung und Freiheit, Selbstdisziplin und Kontrollverlust, Ordnung und Chaos. Als Jonoun, die sich als Barkeeperin und DJane über Wasser hält, in die Kreuzberger Hinterhofwohnung des Ehepaars einzieht, gerät dessen Leben vollständig aus dem Gleichgewicht.
Altay hat keine Lust, wenn er nach einer langen Schicht in der Suchtstation eines Weddinger Krankenhauses oder nach durchvögelter Nacht in die Küche taumelt, dort einen Haufen Phlegma vorzufinden. Für Leyla ist Jonouns weicher Körper zwar Objekt des Begehrens, aber auch Stein des Anstoßes. Während sie selbst sich ständig diszipliniert, Kalorien zählt, Schmerzen erträgt, den ewigen Konkurrenzkampf aushält, schaufelt die Geliebte stillvergnügt Essen in sich hinein und stellt sich in allen praktischen Dingen so tölpelhaft an, dass man ihr nicht die kleinste Aufgabe übertragen kann. Doch auch Jonoun, die vor Leyla nie mit einer Frau geschlafen hat, fühlt sich nicht wohl. Sie ist bei ihrer Großmutter aufgewachsen und erhielt von ihren Eltern keinerlei Unterstützung. Sie versteht einfach nicht, was die beiden, in deren Familien sogar die Mütter Akademikerinnen sind, von ihr wollen.
Als Leyla nach einem Streit die Treppe hinunterstürzt und mit dem Tanzen pausieren muss, fehlt ihr das harte Regime im Umgang mit dem eigenen Körper wie eine Droge. Nichts hilft dagegen, nicht einmal Koks und Ecstasy. Also beschließt sie, in ihre Geburtsstadt zu reisen. Dort gerät sie jedoch nur noch tiefer in die Krise. Ihre Eltern sind schon lange geschieden, der Lebensgefährte ihrer Mutter, früher Funktionär der Kommunistischen Partei, mittlerweile ein schmieriger Ölmagnat, gibt chauvinistische Lebensweisheiten zum Besten. Ihre Mutter will sie mit der seltsamen Formulierung trösten, die Ehe sei ein „Anachronismus“, sie solle ihr Unglück nicht persönlich nehmen. Die Frauen ihres Alters haben Familien und wirken wie „eine ganze Armee unglücklicher Madame Bovarys“. Nirgends passt sie dazu.
Da kommt ihr die Clique reicher junger Männer gerade recht, die mit alten sowjetischen Autos Rennen veranstalten. Allesamt mehrsprachig aufgewachsen, haben sie in Europa, den USA oder Saudi-Arabien studiert und geben sich vom Westen enttäuscht: „Er war ihrer Kaufkraft nicht gewachsen“, heißt es lapidar. Sie gewinnt sogar das Rennen – mit dem vom Anfang des Romans bereits bekannten Ergebnis.
In einer Mischung aus Tragikomödie, Road-Novel und Elegie treibt Olga Grjasnowa ihre Versuchsanordnung in ein größeres Format. Aserbaidschan, politisch fest in der Hand des Alijew-Clans, ist ein gewalttätiges Land, in dem die Reichen nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, während das Volk verarmt und kaum genug zum Leben hat. Die Korruption hat immerhin den Vorteil, dass Altay, in Begleitung Jonouns nach Baku geflogen, seine Frau mit zwanzigtausend Euro freikaufen kann.
Nachdem sie sich von den Misshandlungen erholt hat, reist sie mit Jonoun durch den Kaukasus. Ihr Vater, mittlerweile mit einer Cousine des Präsidenten verheiratet, spendiert dafür seinen silbernen Porsche und erzählt ihnen vom Vogel Simurgh, der Verkörperung allumfassender Liebe in der persischen Mythologie. Sie wollen ihn auf ihrer Reise suchen. Doch sie finden nichts als einen riesigen Vogel mit zornigen Augen, der in einem viel zu kleinen Käfig neben einem Klohäuschen eingesperrt ist.
Nach „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, ihrem vor zwei Jahren erschienenen Debüt, ist auch „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ ein kraftvoll überdrehter, hoch aktueller Roman. Gelegentlich plakativ, doch formbewusst wirft er ernstzunehmende Fragen auf: Wie kann man sein Leben gestalten, wenn man nirgends zu Hause ist – nicht einmal im eigenen Körper? Wie kann man eine Familie gründen, wenn man keine einzige glückliche Familie kennt? Und woran soll man sich orientieren, wenn selbst die Religion nur noch ein Vorwand für Gewalttätigkeiten ist?
Altays Mutter, Herzchirurgin und liberale Muslima, erzählt ihrem Sohn, sie wünsche sich manchmal die alte Sowjetunion zurück – seit die Jungen ihre Eltern nicht mehr mit Fernsehserien traktieren, sondern mit einem rigide ausgelegten Islam.
Wie soll man bei sich sein,
wenn man nicht mal im eigenen
Körper zu Hause ist?
Zu den alten Kampfnarben in der Haut des großen Weißen Hais kommt hier noch ein Stück Beute, das sich in seinem Maul verfangen hat. Weil er satt war, so mutmaßt Ghislain, griff der Raubfisch nicht an, als der Fotograf sich näherte.
Olga Grjasnowa:
Die juristische Unschärfe einer Ehe. Roman.
Carl Hanser Verlag,
München 2014.
272 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Von der Schwierigkeit, Balance zu halten – im Leben und in der Liebe
Olga Grjasnowas Roman „Die juristische Unschärfe einer Ehe“
VON MEIKE FESSMANN
Wie Peitschenhiebe knallen die Sätze in Olga Grjasnowas zweitem Roman, der mit hoher Energie von den wildgewordenen Kindern der globalen Bohème erzählt. Er beginnt in einer Gefängniszelle in Baku, wo Leyla, eine der drei in Berlin lebenden Hauptfiguren, gelandet ist, nachdem sie aus lauter Langeweile an illegalen Autorennen teilgenommen hat. Was üblicherweise Prolog heißt, trägt hier eine Ziffer: „0“. Und eben dort, am Nullpunkt ihres Lebens, ist Leyla mit Mitte zwanzig angekommen. Vielleicht wird ein Neustart daraus, wie das Ende vermuten lässt. Zunächst aber ist es eine effektvolle Ouvertüre für einen Roman, der die verschlungenen Lebenswege seiner Hauptfiguren mit harten Schnitten als szenische Nummernrevue präsentiert.
Olga Grjasnowa, 1984 in Baku geboren und 1996 mit ihrer Familie nach Deutschland emigriert, hat Leyla einen Beruf gegeben, der sich auf die Formensprache ihres Romans auswirkt. Sie ist Ballerina, hat es zwar nie zur Solistin gebracht, wohl aber ins Corps de Ballet des Moskauer Bolschoi-Theaters und später des Berliner Staatsballetts. Sie ist mit Altay verheiratet, einem Arzt, der ebenfalls aus Baku stammt, wo sie ihre Ehe nur geschlossen haben, um ihre Homosexualität zu verbergen. Als sich Jonoun dazu gesellt, eine in Indien geborene, in Israel aufgewachsene Performance-Künstlerin, die es aus New York nach Berlin verschlagen hat, wird das gut eingespielte Paar, das sich alle Freiheiten lässt und dabei eine ganz eigene Form der Liebe entwickelt, zu einem wackligen Dreieck. Konflikte gibt es an allen Ecken.
„Die juristische Unschärfe einer Ehe“ (der Titel bezieht sich auf eine Liste, in der Altay aufführt, was er an seiner Frau liebt) erzählt die Geschichte dieses Dreiecks nicht chronologisch, sondern in lauter einzelnen Pirouetten. Mal bildet diese, mal jene Figur die Achse, um die sich eine Szene dreht, zu verschiedenen Zeiten, und an verschiedenen Orten. Im ersten, in Berlin verankerten Teil sind die Szenen von -29 bis -1 durchnummeriert, im zweiten Teil, der seinen Schwerpunkt in Baku hat und quer durch Aserbaidschan nach Georgien und Armenien führt, geht es von 1 nach 29. Der Nullpunkt ist nach vorne in den Prolog verlegt, zu Leyla, die gefesselt und misshandelt in ihrer Zelle liegt. Die strenge Komposition des Romans legt nahe, dass seine Formensprache Teil seiner Semantik ist.
Von der Schwierigkeit, die Balance zu halten, erzählt der Roman in mehrfacher Hinsicht. Es geht um die Balance zwischen Psyche und Physis, zwischen Bindung und Freiheit, Selbstdisziplin und Kontrollverlust, Ordnung und Chaos. Als Jonoun, die sich als Barkeeperin und DJane über Wasser hält, in die Kreuzberger Hinterhofwohnung des Ehepaars einzieht, gerät dessen Leben vollständig aus dem Gleichgewicht.
Altay hat keine Lust, wenn er nach einer langen Schicht in der Suchtstation eines Weddinger Krankenhauses oder nach durchvögelter Nacht in die Küche taumelt, dort einen Haufen Phlegma vorzufinden. Für Leyla ist Jonouns weicher Körper zwar Objekt des Begehrens, aber auch Stein des Anstoßes. Während sie selbst sich ständig diszipliniert, Kalorien zählt, Schmerzen erträgt, den ewigen Konkurrenzkampf aushält, schaufelt die Geliebte stillvergnügt Essen in sich hinein und stellt sich in allen praktischen Dingen so tölpelhaft an, dass man ihr nicht die kleinste Aufgabe übertragen kann. Doch auch Jonoun, die vor Leyla nie mit einer Frau geschlafen hat, fühlt sich nicht wohl. Sie ist bei ihrer Großmutter aufgewachsen und erhielt von ihren Eltern keinerlei Unterstützung. Sie versteht einfach nicht, was die beiden, in deren Familien sogar die Mütter Akademikerinnen sind, von ihr wollen.
Als Leyla nach einem Streit die Treppe hinunterstürzt und mit dem Tanzen pausieren muss, fehlt ihr das harte Regime im Umgang mit dem eigenen Körper wie eine Droge. Nichts hilft dagegen, nicht einmal Koks und Ecstasy. Also beschließt sie, in ihre Geburtsstadt zu reisen. Dort gerät sie jedoch nur noch tiefer in die Krise. Ihre Eltern sind schon lange geschieden, der Lebensgefährte ihrer Mutter, früher Funktionär der Kommunistischen Partei, mittlerweile ein schmieriger Ölmagnat, gibt chauvinistische Lebensweisheiten zum Besten. Ihre Mutter will sie mit der seltsamen Formulierung trösten, die Ehe sei ein „Anachronismus“, sie solle ihr Unglück nicht persönlich nehmen. Die Frauen ihres Alters haben Familien und wirken wie „eine ganze Armee unglücklicher Madame Bovarys“. Nirgends passt sie dazu.
Da kommt ihr die Clique reicher junger Männer gerade recht, die mit alten sowjetischen Autos Rennen veranstalten. Allesamt mehrsprachig aufgewachsen, haben sie in Europa, den USA oder Saudi-Arabien studiert und geben sich vom Westen enttäuscht: „Er war ihrer Kaufkraft nicht gewachsen“, heißt es lapidar. Sie gewinnt sogar das Rennen – mit dem vom Anfang des Romans bereits bekannten Ergebnis.
In einer Mischung aus Tragikomödie, Road-Novel und Elegie treibt Olga Grjasnowa ihre Versuchsanordnung in ein größeres Format. Aserbaidschan, politisch fest in der Hand des Alijew-Clans, ist ein gewalttätiges Land, in dem die Reichen nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, während das Volk verarmt und kaum genug zum Leben hat. Die Korruption hat immerhin den Vorteil, dass Altay, in Begleitung Jonouns nach Baku geflogen, seine Frau mit zwanzigtausend Euro freikaufen kann.
Nachdem sie sich von den Misshandlungen erholt hat, reist sie mit Jonoun durch den Kaukasus. Ihr Vater, mittlerweile mit einer Cousine des Präsidenten verheiratet, spendiert dafür seinen silbernen Porsche und erzählt ihnen vom Vogel Simurgh, der Verkörperung allumfassender Liebe in der persischen Mythologie. Sie wollen ihn auf ihrer Reise suchen. Doch sie finden nichts als einen riesigen Vogel mit zornigen Augen, der in einem viel zu kleinen Käfig neben einem Klohäuschen eingesperrt ist.
Nach „Der Russe ist einer, der Birken liebt“, ihrem vor zwei Jahren erschienenen Debüt, ist auch „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ ein kraftvoll überdrehter, hoch aktueller Roman. Gelegentlich plakativ, doch formbewusst wirft er ernstzunehmende Fragen auf: Wie kann man sein Leben gestalten, wenn man nirgends zu Hause ist – nicht einmal im eigenen Körper? Wie kann man eine Familie gründen, wenn man keine einzige glückliche Familie kennt? Und woran soll man sich orientieren, wenn selbst die Religion nur noch ein Vorwand für Gewalttätigkeiten ist?
Altays Mutter, Herzchirurgin und liberale Muslima, erzählt ihrem Sohn, sie wünsche sich manchmal die alte Sowjetunion zurück – seit die Jungen ihre Eltern nicht mehr mit Fernsehserien traktieren, sondern mit einem rigide ausgelegten Islam.
Wie soll man bei sich sein,
wenn man nicht mal im eigenen
Körper zu Hause ist?
Zu den alten Kampfnarben in der Haut des großen Weißen Hais kommt hier noch ein Stück Beute, das sich in seinem Maul verfangen hat. Weil er satt war, so mutmaßt Ghislain, griff der Raubfisch nicht an, als der Fotograf sich näherte.
Olga Grjasnowa:
Die juristische Unschärfe einer Ehe. Roman.
Carl Hanser Verlag,
München 2014.
272 Seiten, 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
"Wie Peitschenhiebe knallen die Sätze in Olga Grjasnowas zweitem Roman, der mit hoher Energie von den wildgewordenen Kindern der globalen Bohème erzählt.(...) ein kraftvoll überdrehter, hoch aktueller Roman, Gelegentlich plakativ, doch formbewusst wirft er ernstzunehmende Fragen auf (...)." Meike Fessmann, Süddeutsche Zeitung, 07.10.14
"Die Liebe in Berlin ist nach allen Seiten offen: Olga Grjasnowa erzählt kunstvoll von der Polyamorie. ... Die stark verdichteten, berührenden Sätze sind nah an den Figuren. Dass Grjasnowa ihren verwirrenden Liebesreigen nicht entwirrt, ist kein Makel, sondern folgerichtig bei einer solch ungewöhnlichen Liebe." Moritz Scheper, Die Zeit, 01.10.14
"Grjasnowa erzählt eine Dreiecksgeschichte, die schmerzensschön ist und hochpolitisch, aber immer wieder auch komisch. Sie ist eine Meisterin der Pointen, so wie sie eine Meisterin der Metaphern ist. ... So sinnlich und anschaulich wie Grjasnowa schreiben auf Deutsch nur wenige." Tobias Becker, KulturSPIEGEL, 29.09.14
"Grjasnowa verfügt über ein ausgeprägtes Gefühl für Widersprüche im Detail." Ulrike Baureithel, Der Tagesspiegel, 23.08.14
"Mit ähnlicher Unerschrockenheit wie in ihrem vielgerühmten Debüt erzählt Olga Grjasnowa vom bald unterkühlten, bald überhitzten, meist jedenfalls unaufgeräumten Gefühlshaushalt ihrer Generation. ... Sie beschreibt mit messerscharfer Analytik eine brutale und lieblose Gesellschaft. ... Rotzig und trotzig, voll Eigensinn und Kaltschnäuzigkeit, aber auch mit überraschendem Feingefühl." Daniela Strigl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.09.14
"Wie Grjasnowa die Melancholie und den verzweifelten Lebenshunger einer neuen, zwischen individuellem Aufbruchsgefühl und sozialer Prekarisierung eingezwängten "Lost Generation" beschreibt, das sucht in der neueren deutschsprachigen Literatur seinesgleichen." Günter Kaindlstorfer, ORF, 14.09.14
"Ja, es gibt eine neue junge Stimme in der deutschsprachigen Literatur. Man sollte sie lesen und ihr zuhören." Annette Stiekele, Berliner Morgenpost, 19.09.14
"Eine multikulturelle Generation, die immer auf der Durchreise zu sein scheint, auch wenn sie verzweifelt versucht anzukommen: in einem Land oder bei einem Menschen." Beatrix Gerstenberger, Brigitte, 08.10.14
"Der Roman packt einen wie sehr gute Rockmusik." Katja Sturm, Gießener Anzeiger, 11.11.14
"Die Liebe in Berlin ist nach allen Seiten offen: Olga Grjasnowa erzählt kunstvoll von der Polyamorie. ... Die stark verdichteten, berührenden Sätze sind nah an den Figuren. Dass Grjasnowa ihren verwirrenden Liebesreigen nicht entwirrt, ist kein Makel, sondern folgerichtig bei einer solch ungewöhnlichen Liebe." Moritz Scheper, Die Zeit, 01.10.14
"Grjasnowa erzählt eine Dreiecksgeschichte, die schmerzensschön ist und hochpolitisch, aber immer wieder auch komisch. Sie ist eine Meisterin der Pointen, so wie sie eine Meisterin der Metaphern ist. ... So sinnlich und anschaulich wie Grjasnowa schreiben auf Deutsch nur wenige." Tobias Becker, KulturSPIEGEL, 29.09.14
"Grjasnowa verfügt über ein ausgeprägtes Gefühl für Widersprüche im Detail." Ulrike Baureithel, Der Tagesspiegel, 23.08.14
"Mit ähnlicher Unerschrockenheit wie in ihrem vielgerühmten Debüt erzählt Olga Grjasnowa vom bald unterkühlten, bald überhitzten, meist jedenfalls unaufgeräumten Gefühlshaushalt ihrer Generation. ... Sie beschreibt mit messerscharfer Analytik eine brutale und lieblose Gesellschaft. ... Rotzig und trotzig, voll Eigensinn und Kaltschnäuzigkeit, aber auch mit überraschendem Feingefühl." Daniela Strigl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.09.14
"Wie Grjasnowa die Melancholie und den verzweifelten Lebenshunger einer neuen, zwischen individuellem Aufbruchsgefühl und sozialer Prekarisierung eingezwängten "Lost Generation" beschreibt, das sucht in der neueren deutschsprachigen Literatur seinesgleichen." Günter Kaindlstorfer, ORF, 14.09.14
"Ja, es gibt eine neue junge Stimme in der deutschsprachigen Literatur. Man sollte sie lesen und ihr zuhören." Annette Stiekele, Berliner Morgenpost, 19.09.14
"Eine multikulturelle Generation, die immer auf der Durchreise zu sein scheint, auch wenn sie verzweifelt versucht anzukommen: in einem Land oder bei einem Menschen." Beatrix Gerstenberger, Brigitte, 08.10.14
"Der Roman packt einen wie sehr gute Rockmusik." Katja Sturm, Gießener Anzeiger, 11.11.14