Der Diogenes Verlag hat seine neue Jeremias-Gotthelf-Edition (auf 15 Bände angelegt) mit „Die Käserei in der Vehfreude“ fortgeführt. Erschienen 1850, war es der vorletzte Roman des Schweizer Schriftstellers und Pfarrers. Vehfreude ist ein verschlafenes Dorf im Emmental, das plötzlich den Fortschritt
entdeckt. In den Nachbarorten gibt es längst Käsereien und man verdient damit gutes Geld. Also wird…mehrDer Diogenes Verlag hat seine neue Jeremias-Gotthelf-Edition (auf 15 Bände angelegt) mit „Die Käserei in der Vehfreude“ fortgeführt. Erschienen 1850, war es der vorletzte Roman des Schweizer Schriftstellers und Pfarrers. Vehfreude ist ein verschlafenes Dorf im Emmental, das plötzlich den Fortschritt entdeckt. In den Nachbarorten gibt es längst Käsereien und man verdient damit gutes Geld. Also wird eine Genossenschaft gegründet und statt eines dringend notwendigen Schulhauses eine Käserei errichtet. Doch die Geldgier der Vehfreudener kennt bald keine Grenzen mehr, sodass kaum etwas für den Eigenbedarf oder für die Gäste übrigbleibt. Vor allem die Frauen sind frustriert, weil sie jetzt auf ihr „Nidle“ verzichten müssen. So kommt der Kapitalismus ins Dorf. Als man aber sogar verdünnte Milch und Milch von kranken Kühen abliefert, fliegt der Betrug auf und mit dem erwarteten Profit ist es erst einmal vorbei. Das Gemeinschaftswerk droht zu scheitern. Nur langsam kommen die Vehfreudener zur Besinnung. Auch die Liebesgeschichte zwischen Felix, dem Sohn des Gemeindeamtmannes, und dem Verdingkind Änneli kommt zu einem guten Ende. Gotthelf, der ebenfalls aus dem Emmental stammte, nimmt in dem Roman, der auch durch die realistische Darstellung des bäuerlichen Lebens besticht, allzumenschliche Charakterzüge unter die Lupe.
Die Diogenes-Ausgabe orientiert sich an dem Erstdruck von 1850, die zwar in deutsche Sprache erschien, aber viele Redewendungen und Ausdrücke des Berner Dialekts enthielt. Daher ist ein mehrseitiges Glossar mit Erläuterungen angefügt, sowie Hinweise zu Berner Währungen, Gewichte und Maße. In ihrem Nachwort beleuchtet die Schweizer Schriftstellerin Zora del Buono u.a. die Geschichte der Schweizer Dorfkäsereien.
Der Roman zeigt Gotthelf als großartigen Erzähler, der mit seinen Romanen und Erzählung ein milieugetreues Abbild des wirklichen Lebens und keine romantisch geschönte Darstellung des Dorflebens im 18. Jahrhundert bietet.