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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Hartwin Brandt über die römische Kaiserzeit
Eine neue Geschichte der römischen Kaiserzeit in den drei Jahrhunderten zwischen dem Untergang der Adelsrepublik und der mit Kaiser Diokletian beginnenden Spätantike verdient Aufmerksamkeit. Der Bamberger Althistoriker Hartwin Brandt legt sie im traditionsreichen "Handbuch der Altertumswissenschaft" (F.A.Z. vom 20. Mai 2020) vor; entsprechend verweist er auf die Fundierung durch Quellenübersichten und Literaturangaben und grenzt sein Werk so von den ähnlich dimensionierten, an ein breiteres Publikum gerichteten Darstellungen von Karl Christ und Michael Sommer ab.
Das konzeptionelle Problem einer Darstellung dieser Epoche ist in der Welt, seit Theodor Mommsen eine sterile Kaiser- und Hofgeschichte von einem Panorama des Reiches in Gestalt seiner Provinzen geschieden hatte: Allein "in den Ackerstädten Africas, in den Winzerheimstätten an der Mosel, in den blühenden Ortschaften der lykischen Gebirge und des syrischen Wüstenrandes ist die Arbeit der Kaiserzeit zu suchen und auch zu finden". Im Handbuch ist ein eigener Band zu den Provinzen vorgesehen, weswegen sich Brandt sinnvollerweise auf die kaiserliche Regierungspraxis, das Handeln der dem Kaiser zuarbeitenden Akteure, die Kommunikationsmechanismen sowie die Kontingenzen im Wirken der Herrscher konzentriert. Hierbei chronologisch, nach Kaisern und Dynastien zu verfahren überzeugt ebenfalls; nur so wird hinreichend deutlich, wie sich die Verhältnisse änderten.
Allerdings scheint das Handbuchformat dem Autor das Staunen und Fragen ausgetrieben zu haben. Die Einleitung pflegt innerfachliche Nabelschau und dürfte manche Leser ratlos zurücklassen. Anstatt die welthistorische Stellung der römischen Kaiserzeit zu umreißen, die nach einem Wort von Ludwig Curtius wie ein riesiger Klotz, an dem niemand vorbeikommt, mitten in der Geschichte steht, oder auch die strittigen Akzentuierungen des postkolonialen Ansatzes aufzugreifen, bewegt sich Brandt im Kreis althistorischer Fachdebatten und sucht die in der deutschen Forschung zuletzt prominenten Deutungsmuster madig zu machen.
Ein Kollege wird gleich viermal gerüffelt, da von ihm bisher nur "propädeutisch-theoretische Prolegomena" vorliegen, nicht aber die angekündigte monographische Kaisergeschichte. Der Vorwurf an Egon Flaig, dessen kürzlich in einer Neubearbeitung publizierte Untersuchung der Usurpation beschränke sich auf die in der Stadt Rom präsenten Akteure und lasse die Provinzen und Städte (damit auch große Mengen an Material) außer Acht, zielt ins Leere, da Flaig sein Untersuchungsdesign begründet und keine Gesamtdarstellung geschrieben hat. Kommunikation und Akzeptanz als Leitkonzepte werden von Brandt übernommen und zugleich kritisiert, ähnlich Fergus Millars einflussreiches Modell eines reagierenden, nicht aktiv gestaltenden Kaisers. Generell macht der Autor kein Hehl daraus, wessen Positionen er teilt und wen er nicht mag.
Wenig Mühe ist bisweilen aufgewandt, ein Argument zu durchdenken. So wird am Beispiel der Kyrene-Edikte aufgezeigt, wie provinziale Akteure im Herrscher über das Imperium zunehmend jene Instanz sahen, "die für alles zuständig war und an die man sich mit allen Anliegen wenden konnte und sollte", was den "Prozess der Monarchisierung" befördert habe. Doch mit solchen Entscheidungsbegehren hatten provinziale Eliten schon den Senat der Republik belästigt; sie waren Produkt interner Konflikte und der Existenz eines übermächtigen dritten Players. Die Idee einer Monarchisierung ist dagegen eher aus der römisch-aristokratischen Binnenperspektive heraus gedacht.
Auf die Frage, wie der Sturz des schier allmächtig erscheinenden Gardepräfekten Seian zu erklären sei, folgen Fakten zu dessen überhitzter Popularität in Rom und den "emotionalen Entladungen" nach seinem jähen Ende. Die Antwort bieten jedoch die zuvor referierten Ereignisse: Als der abwesende, unpopuläre Kaiser Tiberius in einem Brief an den Senat seinen Quasistellvertreter fallen ließ, war dieser sogleich erledigt. Warum das so war, erläutert Brandt nicht. Das Buch dürfte im akademischen Betrieb dennoch seinen Platz finden. UWE WALTER.
Hartwin Brandt: "Die Kaiserzeit". Römische Geschichte von Octavian bis Diocletian. C. H. Beck Verlag, München 2021. 707 S., Abb., geb., 98,- Euro.
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Neue Zürcher Zeitung, Stefan Rebenich
"Jeder Band in der Reihe 'Handbuch der Altertumswissenschaft' ist selbst ein historisches Ereignis."
Literarische WELT, Richard Kämmerlings
"Das Werk darf als neuer Urmeter der Forschung gelten."
WELT AM SONNTAG, Berthold Seewald
"Ein neues Standardwerk."
Antike Welt, Prof. Dr. Kay Ehling
"Brandts Buch ist eine sehr anregende Lektüre, die den Leser mit einer Vielzahl neuer wissenschaftlicher Gedanken und Forschungsergebnisse konfrontiert. "
Spektrum, Theodor Kissel
"Der Bamberger Historiker Hartwin Brandt räumt in seinem Werk mit so gut wie allem auf, was wir kleinen Geschichts- und Lateinschülerlein einst als gesichertes Wissen wähnten."
Österreich 1, Martin Haidinger
"Ein großer Wurf ... Besticht auch durch eine neue Sicht auf diese Epoche. ... für die künftige Forschung unerlässliches Werk."
h-soz-kult, Klaus-Peter Johne
"Der aktuelle Stand unseres Wissens ist mit Hartwin Brandts souveränem Handbuch jedoch für lange Zeit markiert."
Geldgeschichtliche Nachrichten, Reinhard Wolters