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Die Geschichte des Menschen ist weit älter als die Erfindung der Schrift: Als der erste Frühmensch schöpferisch tätig wurde und einen Faustkeil formte, begann er zugleich seine Geschichte zu gestalten. Von diesem Zeitpunkt an nahm er unablässig Einfluss auf kulturhistorische und gesellschaftliche Verhältnisse und prägte die Lebensbedingungen während der nachfolgenden Jahrtausende. Hermann Parzinger führt mit seinem imposanten Werk den Leser durch die Welt unserer Vorfahren. Er beschreibt und erklärt die frühe Menschheitsgeschichte auf allen Kontinenten - von der Menschwerdung in Afrika bis zur…mehr

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Produktbeschreibung
Die Geschichte des Menschen ist weit älter als die Erfindung der Schrift: Als der erste Frühmensch schöpferisch tätig wurde und einen Faustkeil formte, begann er zugleich seine Geschichte zu gestalten. Von diesem Zeitpunkt an nahm er unablässig Einfluss auf kulturhistorische und gesellschaftliche Verhältnisse und prägte die Lebensbedingungen während der nachfolgenden Jahrtausende. Hermann Parzinger führt mit seinem imposanten Werk den Leser durch die Welt unserer Vorfahren. Er beschreibt und erklärt die frühe Menschheitsgeschichte auf allen Kontinenten - von der Menschwerdung in Afrika bis zur Entstehung komplexer ackerbäuerlicher Gesellschaften an den Ufern von Euphrat und Tigris, von Nil und Gelbem Fluss. Dabei tritt immer wieder eine anthropologische Grundkonstante hervor: Das beständige Streben des Menschen nach Verbesserung seiner Lebensverhältnisse in einer sich wandelnden Umwelt war die Triebfeder seines kulturellen Fortschritts. Dies gilt bereits für die frühesten Hominiden, die zielgerichtet Steingeräte zur Zerteilung von Aas herstellten - ein erster Beweis ihres erwachenden Intellekts. Es gilt erst recht für den mit nochmals besserem Planungsvermögen ausgestatteten Homo erectus, der den Wandel vom Aasfresser zum Jäger vollzog und dem eine wahrhaft revolutionäre Innovation gelang - die Beherrschung des Feuers. Und es gilt in geradezu dramatischer Weise für den Homo sapiens, der den Sprung zu kultureller Modernität vollzog: Nicht nur verbreitete er bis um 13.000 v.Chr. das spezialisierte Wildbeutertum von Afrika aus über die ganze Welt. In seinem Erfindungsgeist übertraf er zudem alle seine Vorfahren - auch den Neandertaler, der als Erster das Jenseits entdeckte. Der Homo sapiens verhalf schließlich Kunst und Ritual zum Durchbruch, die uns mit wahrhaft monumentaler Wucht erstmals in dem 12.000 Jahre alten Heiligtum am Göbekli Tepe am Rande des Fruchtbaren Halbmonds begegnen. In dieser Weltregion gelingt bald darauf zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte der Schritt zur dauerhaften Sesshaftwerdung, die mit der Domestikation von Wildtieren und Wildgetreide einhergeht. Der Wildbeuter wird zum Bauern, der sich mit seinesgleichen in Dörfern zusammenschließt, die er das ganze Jahr über bewohnt. Vom Anwachsen der Siedlungen und der beginnenden sozialen Differenzierung der Bevölkerung bis zur Entstehung großer urbaner Zentren, deren Organisationsbedarf schließlich auch die Erfindung der Schrift notwendig macht, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. In dem spannenden Buch Hermann Parzingers verbinden sich die zahllosen kleinen Schritte unserer Vorfahren zu der eindrucksvollen Wegstrecke, die der Mensch durch Jahrmillionen seiner Entwicklung zurückgelegt hat - und mit der verglichen die Zeit der Schriftkultur nur als ein Wimpernschlag der Evolution erscheint.

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Autorenporträt
Hermann Parzinger bekleidet seit 2008 das Amt des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zuvor war der habilitierte Prähistoriker 18 Jahre am Deutschen Archäologischen Institut tätig, von 2003 bis 2008 als dessen Präsident. Er hat eine Vielzahl von Ausgrabungen und Forschungsprojekten rund um den Globus durchgeführt und wurde mit zahlreichen Ehrungen und Preisen ausgezeichnet, darunter der Leibniz-Preis (1998) und die Aufnahme in den Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste (2012).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2014

30. Eine Welt ohne Schrift

Während die Sprache den ganzen Körper erfasst und nicht nur, wie die Neurowissenschaftler behaupten, ein paar leuchtende Regionen im Gehirn, geht die Schrift noch ein paar Schritte weiter. Mit ihrem Auftauchen und ihrem Gebrauch ändert sich sofort das Denken und das Bild der Gesellschaft fundamental und irreversibel. Einmal eingeführt, gibt es kein Zurück mehr hinter die Schrift. Das war es, was Jacques Derrida meinte, als er klarstellte: Am Anfang war die Schrift. Die Hardware der Schrift braucht keine Software des Sinns oder der Inhalte, um ihre Wirkung durchzusetzen. Die Schrift allein ordnet die Dinge neu. Wer dem nicht folgen will, geht unter, wenn er keinen Raum ohne Schrift findet. Die schriftlosen Indigenen Nordamerikas und Australiens legen davon bis heute Zeugnis ab. Aber vom Himmel gefallen ist die Schrift natürlich trotzdem nicht.

"Fragen wir also, wie jene Welt aussah, als es noch keine Schrift gab!", schreibt Hermann Parzinger zu Beginn seiner umfassenden Studie zur Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift. Und was dann folgt, ist von einer solchen in Schrift gegossenen Übersicht, dass jedes Lob davor zur Lächerlichkeit verkommt. Parzinger, heute Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, war jahrelang als Archäologe und Frühhistoriker selbst als Aktivist an zahlreichen Ausgrabungsprojekten beteiligt. Er überblickt sein Forschungsfeld nicht nur, er kann es auch bis zur Einarbeitung des letzten aktuellen Details anderer Forscher vermitteln. So fehlen in der Betrachtung der vorschriftlichen Gesellschaften auch die Artefakte nicht, die Schimpansen, Elefanten und Delphine hervorzubringen vermögen. Parzinger ist damit selbst ein archäologisches Fossil des Humboldtschen Lehrerideals, nach dem die besten Praktiker auch die Theorie zur Praxis vermitteln sollten. Fossil deshalb, weil die Universitäten im Ökonomisierungswahn die Einheit von Forschung und Lehre systematisch auflösen und somit aktiv an der Vernichtung der Bedingung der Möglichkeit solcher Werke wie diesem hier arbeiten.

Cord Riechelmann

Hermann Parzinger: "Eine Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift". C. H. Beck, 850 Seiten, 39,95 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"Fulminant" findet Bernhard Dotzler, was Hermann Parzinger mit diesem Buch zur Vorgeschichte der Menschheit zusammenträgt. Eindrücklich stelle Parzinger hier unter Beweis, dass die Zeit vor Erfindung der Schrift nicht für die Historiografie verloren ist. Dafür beginne Parzinger bei den Hominiden vor sieben Millionen Jahren, zeichne die Besiedlung der Welt durch den Homo Sapiens nach und komme schließlich zu den Anfängen der hochentwickelteren Kulturen. Dabei verfolge er stetig die Generalthese, dass sich der Mensch nicht nur durch Anpassung weiterentwickelt habe, sondern durch eine aktive Verbesserung seiner Lebenswelt. Stark mache Parzinger auch das Feuer, in dessen Beherrschung er die ultimative Kulturtechnik erkenne.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein fesselndes Buch."
Weltkunst, Mai 2015