Norwegen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ingrid ist nach einer langen Reise, auf der sie den Vater ihrer Tochter Kaja, einen deutschen Soldaten, finden wollte, auf die kleine Insel Barrøy zurückgekehrt. Nach den Traumata des Krieges versuchen die Inselbewohner, ihr altes Leben so gut wie möglich
wieder aufzunehmen. Als Ingrid eines Tages Mathis, das Kind des Schiffers, der die Milchroute fährt,…mehrNorwegen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ingrid ist nach einer langen Reise, auf der sie den Vater ihrer Tochter Kaja, einen deutschen Soldaten, finden wollte, auf die kleine Insel Barrøy zurückgekehrt. Nach den Traumata des Krieges versuchen die Inselbewohner, ihr altes Leben so gut wie möglich wieder aufzunehmen. Als Ingrid eines Tages Mathis, das Kind des Schiffers, der die Milchroute fährt, einsam und etwas verloren, am Hafen sieht, bietet sie dem Vater an, für den Rest des Tages auf den Jungen aufzupassen. Doch am Abend kehrt der Vater nicht zurück. Und auch an keinem anderen Tag. Ingrid tut, was sie schon immer getan hat, sie übernimmt die Verantwortung und leitet die Adoption des 5-Jährigen ein.
Das Leben auf den Schären geht weiter, aber die Spuren, die der Krieg in den Seelen der Menschen hinterlassen hat, haben seine Bewohner geprägt. Und das Ende eines Krieges bedeutet auch nicht das Ende von Schicksalsschlägen.
„Die Kinder von Barrøy“ ist der vierte Teil von Roy Jacobsens Insel-Saga, deren erste drei Teile („Die Unsichtbaren“, „Weißes Meer“ und „Die Auge der Rigel“) unter dem Titel „Die Unsichtbaren“ ebenfalls bei C.H.Beck in einem Band erschienen sind. Der erste Teil schaffte es darüber hinaus auf die Shortlists des Booker International Awards und des Dublin Awards. Ich wünschte, ich hätte diese Informationen vor der Lektüre gehabt, und am Anfang begonnen. Zwar ist es nicht zwingend notwendig, die Vorgeschichte zu kennen, Jacobsen lässt genug Stichworte fallen, um dem Geschehen gut folgen zu können. Aber es wäre sicherlich ein noch größeres Lesevergnügen gewesen, wenn man die emotionalen Entwicklungen der Charaktere mitbekommen hätte.
Obwohl ich gar nicht weiß, ob das Lesevergnügen noch so viel größer hätte sein können. „Die Kinder von Barrøy“ war genau das, was ich mir wünsche, wenn ich nach einem Buch, das in Norwegen spielt, greife. Die raue Schönheit der Natur, das harte Leben der Landbevölkerung, das, trotz seiner Strenge, doch einen heilen, fast idyllischen Eindruck macht, Figuren, die verschlossen und gleichzeitig liebenswert sind, bodenständig und lebensklug.
Und Jacobsens Sprache spiegelt all das wider. Wie die Einwohner Barrøys will man sie manchmal schubsen und zwingen, mehr preiszugeben, mehr nachzufragen, könnte ihre karge Sturheit verfluchen. Sie ist eine perfekte Reflexion des Lebensgefühls der Inselbewohner. Dieser Roman eine wunderbare Symbiose zwischen Stil und Inhalt.
Für mich war „Die Kinder von Barrøy“ wie eine physisch greifbare Reise, von der ich unendlich viele Eindrücke und Erlebnisse mitgebracht habe. Ein Leseerlebnis ähnlich denen, die ich als Kind bei Astrid Lindgrens Büchern hatte. Und ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Roman es in meine Top 10 des Jahres schaffen könnte. Eindeutige Leseempfehlung!