Mit 15 Jahren klebt Melanie Berger Anti-Hitler-Zettel auf Häuserwände in Wien. Wenig später muss sie vor den Nazis fliehen – über Belgien bis in den Süden Frankreichs. Dort fliegt ihre Widerstandsgruppe auf, sie wird verhaftet und entkommt in einer halsbrecherischen Aktion aus dem Gefängnis in Marseille. Heute ist sie 102 Jahre alt – und eine der wenigen, die noch von damals erzählen können. Immer noch macht sich Melanie fast jede Woche auf, um Schüler:innen aus ihrem Leben zu berichten. Und von der Notwendigkeit des Ungehorsams. Lange kamen ihr die eigenen Erlebnisse nicht so bedeutend vor. Erst spät begann sie, davon zu erzählen. Von dieser »kleinen Sache«, die sie immer hintangestellt hatte und die im Schatten mächtiger Résistance-Erzählungen und preisgekrönter Exilliteratur verborgen blieb. Der SPIEGEL-Journalist Nils Klawitter erzählt ihre Geschichte: die Odyssee einer jungen Frau durch die Wirren des 20. Jahrhunderts, durch den aufstrebenden Faschismus und den Zerfall Europas in Diktaturen. Es ist eine Geschichte von Flucht und Verfolgung, vom Stillhalten in der Illegalität. Und eine Verbeugung vor unglaublicher Tapferkeit.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Der Untertitel von Nils Klawitters Buch, "Wie Melanie Berger den Nazis entkam", ist eigentlich eine Untertreibung, hält Kritiker Klaus Hillenbrand angesichts des Lebens der heute 102 Jahre alten Frau fest: Sie hat aktiv Widerstand geleistet, erst in Wien, dann in Frankreich, sie wurde als Jüdin, Kommunistin und Trotzkistin verfolgt. Dank Klawitters nah am Leben der Protagonistin entlanglaufendem Buch kann sich Hillenbrand wenigstens annähernd eine Idee verschaffen, wie es Berger bei ihrer Flucht über Belgien, beim Tippen der Flugblätter, bei der Angst vor der Gestapo gegangen sein muss. Ein bewegendes Buch, hält er abschließend fest.
© Perlentaucher Medien GmbH
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