Wie klingt Musik, wenn man sie nicht hören kann? Michael Roes erzählt in Die Laute die Geschichte von Asis, einem jemenitischen Jungen, der von Melodien erfüllt ist, nachdem er von einem Blitz getroffen wurde, und der sein Hörvermögen verliert, nachdem er einer brutalen Bestrafung unterzogen wurde. Asis erlernt die Gebärdensprache und erkämpft sich seine Position und seine Haltung als Gehörloser in der Welt der Hörenden. Es verschlägt ihn nach Polen, nach Krakau, wo er als junger Erwachsener zu studieren beginnt: Er wird Komponist. Michael Roes führt den Leser in eine Welt von gefühlten Geräuschen, imaginierten Berührungen, gesehener Sprache und gebärdeten Gefühlen. Die Laute ist ein berührendes Plädoyer für die tiefgreifende und umwälzende Kraft der Literatur und der Musik, die es ermöglicht, ein erfülltes Leben gegen alle äußeren Widerstände zu führen.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
"Urszenen des Erzählens und Ergriffenseins" erlebt Hans Hütt bei der Lektüre dieses Romans über einen jementischen, gehörlosen Jungen, der nach Krakau zieht, um, ausgerechnet, Komponist zu werden. Dies klingt unwahrscheinlich, schreibt Hütt in seiner von assoziativen Blitzen und jähen Sprüngen durchzogenen Kritik, werde aber schließlich "zwingend". Die Begeisterung des Rezensenten verdeutlicht sich an den Vergleichen: An Nietzsches Vorrede zu "Zarathustra" muss er genauso denken, wie an den "Doktor Faustus" - nicht zuletzt schätzt er das Buch für seine gallige Einschätzung des Arabischen Frühlings und sein literarisch-ästhetisches Feingespür, dem der Rezensent unter anderem neue Einblicke in die Poetik der Gebärdensprache verdankt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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