Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Institut für Germanistische Literaturwissenschaft), Veranstaltung: HS: Frank Wedekinds Dramen, Sprache: Deutsch, Abstract: Um die Jahrhundertwende, der Zeit, die heute als Fin de siècle tituliert wird, finden erotische und sexuelle Stoffe rund um die Begriffe Liebe und Eros ihren Platz. Diese Zeit könnte auch mit einem „Prozess der Enttabuisierung“ überschrieben werden. Das „plötzliche Hereinbrechen“ dieser Thematik gilt als Indiz für das bisherige Verdrängen der erotischen Dimension. Der Naturalismus wird damit in Wedekinds Sinne überwunden . Doch dieses progressive Denken und Schreiben, das Kreieren eines „Frauenschicksals“ zog auch politische Folgen nach sich. Auch Wedekind wurde wegen der vermeintlichen Obszönität der „Büchse der Pandora“, das er zwischen 1892 und 1894 verfasste, angeklagt. Dies war desgleichen ein Grund dafür, dass das Stück so oft umgeschrieben wurde und, dass der Charakter der Hauptfigur Lulu einen solchen Wandel erlebte. Wedekind gilt damit als „radikaler Kritiker bürgerlicher Sexualtabus“ und Pionier der „sexuellen Revolution“ . Laut seiner eigenen Aussage ist das Anliegen seines Dramas eine „Kritik an der bürgerlichen Scheinmoral und der Sexualfeindlichkeit“, sowie der „Aufruf zur Selbstentfaltung und zur weiblichen Emanzipation“ . Er reflektiert dabei kritisch über die „Unmündigkeit der Frau als Bestandteil herrschender Vorstellungen von Geschlechterrollen“ . Doch auch der Bezug zu älterer und alter Zeit wird durch die Mythisierung hergestellt. Es zeigt sich ebenso eine „epochenspezifische Vorliebe für die Bildsamkeit der ‚Kindfrau’“ . Die Zeit, in der Wedekind aktiv Dramen schrieb, war geprägt von Ehetragödien, in denen es um das „Missverhältnis zwischen subjektivem Gefühlsanspruch und der Unmöglichkeit, diesen Anspruch unter den konkreten Bedingungen der Gesellschaft durchzusetzen“ ging. Eben das könnte auch den ersten Teil der (Doppel-)Tragödie etikettieren. Doch auch viele spielerisch-komische Elemente, die in Situationskomik gipfeln, werden in Wedekinds Drama verwertet. Dies ist einer der Attribute, die die nicht augenfällige Zuordnung des Schauspiels in ein Genre unterstützt. Carola Hilmes, einer bedeutenden Wedekind-Forscherin, erscheint „Lulu“ sogar als eine „Tragikomödie mit (...) grotesken Elementen“ und als ein Stationenstück . Konträr zur klassischen Tragödie ist Wedekinds Werk weder einheitlich noch wahrscheinlich. Es ist eher grotesk „aus unterschiedlichsten Elementen französischer Tradition“ montiert.