Studienarbeit aus dem Jahr 2020 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1.0, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Institut für Deutsche Philologie), Veranstaltung: Körperpoetiken. Literatur und Behinderung, Sprache: Deutsch, Abstract: Für behinderte Figuren in der Literatur gibt es etliche Begriffe: Es ist von Verwachsenen und Missgebildeten, Krüppeln, Buckligen, gar von Monstern die Rede, um nur einige zu nennen. Immer aber machen die Bezeichnungen deutlich, dass es sich um eine Randgruppe von "Anders-Seienden" und damit meist Ausgestoßenen handelt, die keinen Platz in der normalen Gesellschaft finden, ihre Rolle zunächst einmal suchen beziehungsweise erkämpfen müssen. Die literarische Figur des Behinderten avanciert auf diese Weise dank ihrer offensichtlichen Stigmatisierung zur perfekten Trägerin symbolischer Bedeutung - zur Metapher par excellence. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, in welcher besonderen Weise Mann in seiner ersten Novelle "Der kleine Herr Friedemann" (1897) die Figur des verwachsenen Männchens für sich auf mehreren symbolischen Ebenen fruchtbar machte. Intertextuelle Bezüge, die sich sowohl auf das philosophische Gedankengut von Schopenhauer und Nietzsche stützen, als auch auf andere narrative Texte, in denen Figuren mit Behinderung vorkommen, sollen helfen, die Novelle des "Kleinen Herrn Friedemann" umfassender bearbeiten zu können. So erscheint Friedemann hinterher nicht einfach als eine ideenlose Imitation von Theodor Storms Edde Brunken (Eine Malerarbeit) oder Theodor Fontanes Alonzo Gieshübler (Effi Briest), sondern lässt den Schluss ziehen, dass Thomas Mann mit der Inspiration von Nietzsche und Schopenhauer eine kritische Kontrafaktur dieser Existenzen anfertigte, um seine Lektüreerlebnisse zu verarbeiten.
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