Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,0, Freie Universität Berlin (Friedrich Meinecke Institut), Sprache: Deutsch, Abstract: Neben den etablierten Orden wie dem der Benediktiner oder der Zisterzienser entstand zu Beginn des 13. Jahrhunderts eine radikale Ordensbewegung, die dem gängigen monastischen Leben entgegenstellte und sich auf die Lehren der Urkirche und ein Leben in absoluter Armut berief – die vita apostolica wurde zur obersten Prämisse erkoren. Das Leben als Armer unter Armen wurde als aufrichtigere und wahrhaftigere Bezeugung des Evangeliums verstanden. Als charismatischer Führer dieser Bettelordensbewegung ist vor allem Franz von Assisi zu nennen, der dem Orden der Franziskaner seinen späteren Namen gab. Waren die Minoriten zunächst umherwandernde Mönche, die von Ort zu Ort zogen und die Menschen um Almosen und Obdach baten, so begannen sie sich bald an verschiedenen Orten niederzulassen und Konvente zu gründen. Die Expansion der Bettelorden wurde vor allem durch die Intensivierung der Geldwirtschaft und gewerblichen Produktion gefördert, die sich auch auf das rasche Wachstum der Städte und den Zuwachs an sozialer Mobilität auswirkten. Demnach sind die Bettelorden nicht nur als theologische Gruppierungen zu verstehen, sondern - da sich der Großteil der Mendikantenorden in der unmittelbaren Umgebung einer Gemeinde niederließ - auch als Teil der politischen, sozialen und geistigen Gesellschaft. Auch in Lüneburg ließen sich 1226 Minoriten nieder und gründeten das Barfüßerkloster zu St. Marien. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf der Geschichte des ehemaligen Franziskanerklosters St. Marien im Herzen des heutigen Lüneburgs. Betrachtet man das Stadtbild, so lässt sich der prominente Standort des Klosters in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Rathaus nicht verhehlen; ein Standort, der für ein Bettelordenskloster doch ungewöhnlich erscheint. Unter welchen Umständen kam es zur Ansiedlung der fratres minores an dieser exponierten Stelle und auf welche Weise kam der Orden, der sich der Armut verschrieben hatte zu einem Landbesitz, den der Lüneburger Stadthistoriker Reinecke als den besten Bauplatz der gesamten Stadt bezeichnete? Ebenso werden die sozialen Beziehungen zwischen den Minoriten und der Stadtgemeinschaft untersucht. Gab es Verbindungen zwischen dem Orden und dem bereits ansässigen Ordensklerus der Stadt und inwieweit waren die Minoriten mit der kommunalen Elite, aber auch mit der Unterschicht Lüneburgs in Kontakt? Abschließend werden auch die Umstände, unter denen es zur Reform und Aufhebung des Franziskanerkonvents kam, näher beleuchtet.