Chechov entdeckte in seinen Stücken, die auf deutschen Bühnen häufig mit russsicher Schwermut übergossen werden, Komödien. Bei aller Lethargie, bei allem Festhalten an Bewährten, bei aller Sehnsucht, schonungsloser Zeichnung entpuppen sich auch in der Möwe die Figuren, als Menschen, deren Schwächen
einem ein Lächeln abringen. Die schreckliche Langeweile, die Leere versüßen sie sich, indem sie sich…mehrChechov entdeckte in seinen Stücken, die auf deutschen Bühnen häufig mit russsicher Schwermut übergossen werden, Komödien. Bei aller Lethargie, bei allem Festhalten an Bewährten, bei aller Sehnsucht, schonungsloser Zeichnung entpuppen sich auch in der Möwe die Figuren, als Menschen, deren Schwächen einem ein Lächeln abringen. Die schreckliche Langeweile, die Leere versüßen sie sich, indem sie sich gegenseitig sticheln, um sich selbst aufzuwerten. Im Mittelpunkt steht ein Theaterstück, das am Abend aufgeführt werden soll. Ausgerechnet vom Sohn einer Schauspielerin geschrieben. Dass das nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. Chechov versammelt in den Personen Nina, Treplev, Trigorin und der Mutter Arkadina eine Handvoll Künstler, die am Ende oder am Anfang ihrer Laufbahn stehen, denen der Erfolg keine Genugtuung gibt. Ihr Leben erscheint merkwürdig zelebriert, erhöht, von der Aufmerksamkeit anderer abhängig. Allesamt werden sie enttäuscht werden, weil ihre hochgesteckten Ziele ob in der Kunst oder in der Liebe nicht zu erfüllen sind. Chechov entwirft den Mikrokosmos eines Künstelerlebens, die Randexistenzen, Schwärmer, Neider, Naiven, Liebenden, wie Versteinerten. Er begeht jedoch nicht den Fehler einer Abrechnung, sondern beschreibt mit viel Charme und Zuneigungen das Scheitern. Der Tod am Ende ist keine Läuterung, er wird hingenommen. Im übertragenen Sinn heißt das wohl, dass sich der Tod, das Sterben in seinen Figuren breitmacht, und dass er ständig nach deren Leben greift. Wie ließe sich das besser ertragen als mit einem Lächeln.