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Wie wandelt sich die Sozialstaatsidee in ökonomisch harten Zeiten? Der Jenaer Soziologe Stephan Lessenich steuert zu dieser oft nur abstrakt diskutierten Frage reichhaltiges Anschauungsmaterial bei. Anhand von konkreten Politikfeldern untersucht er das Konzept eines "nicht mehr versorgenden, sondern befähigenden, nicht mehr kompensierenden, sondern investierenden, nicht mehr alimentierenden, sondern aktivierenden Sozialstaats". Lessenich bemerkt eine aktivgesellschaftliche Umschulung der Subjekte und beschreibt, wie Frauen, Kinder und Alte als soziale Investitionsgüter gefordert und gefördert werden. Sie sollen nicht sich selbst überlassen bleiben, sondern sozialpolitisch in die Lage versetzt werden, sich und ihr Humankapital in gesellschaftlich produktiver Weise einzusetzen. Lessenich macht eine in immer mehr Lebensbereiche hineinregierende "Aktivierungseuphorie" aus. Der aktivierende Sozialstaat behaupte eine beinahe grenzenlose bürgerliche Aktivierungsfähigkeit, wo er zugleich eine strukturelle Passivitätsdiagnose stelle. Erfrischend polemisch, verfolgt Lessenich dieses Muster bis hinein in die regierungsamtlichen Appelle, körperlich fit statt dick zu leben: "Es gibt keinen Abschluss der Aktivierungsprogrammatik: Das Subjekt der Aktivgesellschaft ist ein spätmodernes Perpetuum mobile." (Stephan Lessenich: "Die Neuerfindung des Sozialen". Der Sozialstaat im flexiblen Kapitalismus. transcript Verlag, Bielefeld 2008. 169 S., br., 18,80 [Euro].)
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Frank Berner, Soziologische Revue, 33 (2010) 20101014