Filippo Baldinucci, Maler und versierter Kunstkenner, setzte sich intensiv mit der Frage historiografischen Schreibens auseinander. Mit seiner monumentalen Biografiensammlung Notizie de' Professori del disegno (1681-1728) distanzierte er sich von der Vitenliteratur und verfasste auf quellenkritischer und naturwissenschaftlicher Grundlage eine wissenschaftlich fundierte, europäische Geschichte der Kunst nach enzyklopädischen Maßstäben. Bei einem close-reading der Notizie zeigt sich, dass Baldinucci keine Fortsetzung der Vite intendierte: Er findet harsche Worte für Vasari und obwohl er dessen Vorstellung vom Primat der Künste teilt, lässt er Vasaris teleologisches, auf normativen Setzungen beruhendes Modell einer Fortschrittsgeschichte hinter sich.
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