Politik und Sexualität sind von jeher eng verknüpft. Debatten über Sexualmoral dienten im Deutschland des 20. Jahrhunderts immer auch der Aushandlung von politischen Prozessen, vor allem der Auseinandersetzung mit Schuld und Erinnerung in der Nachkriegszeit. Dagmar Herzog arbeitet die zentrale Bedeutung von Sexualität für das Verständnis historischer Entwicklungen heraus. Sie zeichnet die Sexualgeschichte Deutschlands von der Zeit des Nationalsozialismus über die verkrustete Adenauer Ära, den Aufbruch der 1968er und die realsozialistische DDR bis hin zur Wiedervereinigung nach und zeigt, wie Sexualität, Moral und Erinnerung miteinander verwoben sind. Dabei räumt sie unter anderem mit vermeintlichen Gewissheiten über die Zeit des Nationalsozialismus auf, die keineswegs so lust- und sexualfeindlich war, wie es oft dargestellt wird.
»[E]in Band an der Schnittstelle von Ideen- und Kulturgeschichte mit der zentralen Frage, wie Sexualität und Politik miteinander verwoben sind. Besonders spannend erscheint dabei die Beobachtung, wie sich die Betrachtung früherer moralpolitischer Bestrebungen über die Jahre verändert. Auch meint sie, dass es in kaum einem anderen Land eine so enge Verknüpfung zwischen Politik und Sexualität im letzten Jahrhundert gegeben habe wie in Deutschland. [...] [E]in sehr empfehlenswertes Buch mit sexualpolitischen Themen, mit denen sich gerade Psycho- therapeutinnen und Psychotherapeuten auseinandersetzen sollten, da sie in Behandlungen immer auch eine Rolle spielen und die Vergangenheit unserer Patientinnen und Patienten beeinflusst haben.« Hertha Richter-Appelt, PDP Psychodynamische Psychotherapie, 21. Jahrgang, 2/2022 »Herzog analysiert in ihrer Monografie die zentrale Bedeutung von Sexualität für das Verständnis von historischen und politischen Entwicklungen und sensibilisiert für die ideologischen Zusammenhänge. Es war eine gute Entscheidung, den Band von Dagmar Herzog neu aufzulegen und wir warten gespannt auf dessen Fortschreibung bis in die heutige Zeit.« Klaus Ludwig Helf, Schattenblick am 7. Dezember 2021 »Wie sich diese teilweise Liberalisierung im Nationalsozialismus in den 1950er Jahren in Westdeutschland in eine neue Prüderie verkehrte, das Frauenbild und die Homosexuellenfeindlichkeit hingegen fortgeschrieben wurden, all das schildert die Historikerin Herzog anhand vieler Stimmen von Zeitzeug:innen sowie aus Sexualwissenschaft, Politik, Kirche und Medien. Weitere Schwerpunkte sind die sexuelle Revolution in den 1960ern und die realsozialistische Politisierung der Lust in der DDR, außerdem die 1970er Jahre und der Kampf gegen den 218 und den Aufbruch der Homosexuellenbewegung [...]. allein des umfangreichen Quellenmaterials wegen ist die Neuausgabe ihres Buches eine lohnende Lektüre - und in Zeiten eines politischen Rechtsrucks und neuen Konservativismus aktueller denn je.« Axel Schock, L-Mag. Das Magazin für Lesben. September/Oktober 2021 »Zu jedem Zeitpunkt spielten die von Zeitgenossen vorgebrachten Interpretationen der Vergangenheit eine wesentliche Rolle für die Legitimation wie für die Ausrichtung der jeweils gegenwärtigen Sexualpolitik. Sexualität wurde nicht nur zu einem Hauptschauplatz für soziale und kulturelle Konflikte, sondern auch zu einem Motor der Wirtschaftsentwicklung, zu einem Fokus für die gesteigerte Bedeutung des Einzelnen und zu einem Ort für Verhandlungen zwischen Staat und Bürgern.« Michael Lausberg, Scharf Links. Die 'neue' linke online Zeitung, 8. August 2021