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Der Erste Weltkrieg war nicht nur ein entscheidender Schritt militärischer Technisierung, sondern setzte auch neue Maßstäbe bei der Entwicklung von Feindbildern. In Deutschland und Frankreich konnte man da auf die Vorarbeit von 1870/71 zählen, die schon zu einigen schrillen Beschwörungen des "Erzfeindes" geführt hatte. Aber sie waren insgesamt nur ein schwacher Vorschein dessen, was dann von 1914 an auf breiter Heimatfront an polemischen Kontrastierungen der eigenen nationalen Vorzüge gegenüber dem nur allzu offensichtlich mangelhaften Nationalcharakter des Feindes in Stellung gebracht wurde. Intellektuelle und Wissenschaftler auf beiden Seiten ließen sich, viele Darstellungen haben das im Detail nachgezeichnet, bereitwillig für solche nationale Selbstdarstellungen im Kontrastverfahren einspannen.
Nun ist das wohl grellste Zeugnis solcher Feindbildarbeit auf französischer Seite nach mehr als hundert Jahren auf Deutsch erschienen. Der zwar akademisch nicht in der ersten Reihe stehende, aber durchaus etablierte und auch über die Grenzen seines Fachs hinaus über respektable Publikationsmöglichkeiten verfügende Psychologe Edgar Bérillon packte seinen von Jugend an - hier kam der Krieg von 1870/71 ins Spiel - tiefsitzenden Deutschenhass in die "Theorie" eines rassischen Gegensatzes zwischen Franzosen und Deutschen. Was dabei herauskam, war eine schrille Schmährede im Gewand einer auf solide Empirie pochenden Wissenschaft: Deutsche, oder vielmehr die "boches", als plattfüßige, plumpe, intellektuell eingeschränkte, physiognomisch, anatomisch und physiologisch depravierte Rasse, der Vielfresserei hingegeben, welche zu ungeheuren Quantitäten an Ausscheidung führt, und so fort.
Der skurrile Text, den aus dem Verkehr zu ziehen sich der Autor nach dem Krieg bemühte, zeigt eindrucksvoll, wie weit es damals mit einer Verunglimpfung des Gegners im akademisch-intellektuellen Milieu gehen konnte. Auch ein Dokument, wenn auch kein erfreuliches, zur Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen.
hmay.
Edgar Bérillon: "Die Psychologie der deutschen Rasse". Nach ihren objektiven und spezifischen Merkmalen.
Aus dem Französischen von Thomas Höpel und Ralf Pannowitsch. Vorwort von Thomas Höpel. Wallstein Verlag, Göttingen 2020. 138 S., Abb., geb., 18,- [Euro].
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