Wie kann die Zeit gleichzeitig stillstehen und so ungemein beschleunigt sein, ja: rasen? Warum verhalten wir uns wie Verfolgte, während wir doch, wenn auch nur durch einen historischen Zufall, eigentlich die Gewinner:innen dieser Weltordnung sind? In unserem Zeitalter der «totalen Gegenwart» wird die Welt nur noch als kritisierbar, nicht aber mehr als veränderbar wahrgenommen. Welche grenzüberschreitenden Protestformen erscheinen noch gerechtfertigt, wenn die Realität eh alternativlos ist? Wie wir gegen die gefühlte Untergangsstimmung angehen können, zeigt Milo Rau in seinem neuen Buch. Entlang seiner Erfahrungen als Regisseur und Aktivist spricht er darüber, wie sich die Zukunft zurückerobern lässt. In seinem radikalen Essay macht er sich auf die Suche nach neuen Formen des Denkens, Fühlens und kollektiven Handelns. Eins ist klar: Die bestehende Ordnung muss gestört werden, nachhaltig, ausdauernd, immer wieder.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensent Arno Widmann möchte seine Begeisterung am liebsten "laut herausschreien", so sehr packt ihn Milo Raus Essay und Plädoyer für den Glauben an Veränderung. Mitreißend, so Widmann, behandelt der Theaterintendant, dessen Stücke und Filme immer auch "Aktionen" seien, unser scheinbares Ausgeliefertsein an die gefräßige Gegenwart, in deren Schrecken wir durch Mittäterschaft auch immer verwickelt sind - von den während der Lektüre ausgestorbenen Arten bis zur Raubkunst geht es hier bei Rau. Wie der Autor dabei den Mut zum Handeln und vor allem zu ganz neuen, ungewohnten Initiativen an die Leserschaft herantrage, die sich dann erst rückwirkend als sinnig und notwendig herausstellen könnten, findet der Kritiker inspirierend. Manchmal, wenn Rau die Revolte als Dauerzustand zu beschwören scheint, der die Revolutionäre mit einem Lebensgefühl der "Ekstase" zu bezirzen vermag, schreckt der Kritiker fast etwas davor zurück, dass der "Funke" wirklich auf ihn überspringt. Vielleicht zeuge das aber nur von der Stärke dieses Buchs, überlegt er abschließend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Es ist völliger Unsinn, was ich gerade mache, aber ich muss es hinausschreien: Lesen Sie «Die Rückeroberung der Zukunft»! Arno Widmann Frankfurter Rundschau 20230930
Rezensent Peter Laudenbach würde Milo Rau gerne vor seinem eigenen Radikalismus-Pathos in Schutz nehmen. Was der Theatermann an den Bühnen und in seinen weltweiten Kunstprojekten auf die Beine stellt, findet Laudenbach viel überzeugender als Raus "Agitprop-Stumpfsinn", wie er in dieser essayistischen Analyse des "Juste Milieu" laut Rezensent leider allzu oft die Oberhand gewinnt. Das aus einer Poetik-Vorlesung hervorgegangene Buch nervt Laudenbach mit Revolutionsphrasen, Namedropping und Begriffsunschärfe, die den durchaus wahren Kern von Raus Kritik am selbstbeflissenen Kulturbetrieb bedauerlicherweise verdecken.
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