Mit Die Scherben der Erde liegt der erste Band der Architekten-Trilogie des bekannten britischen Autors Adrian Tchaikovsky vor.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Menschheit im Weltall ausgebreitet, bis eines Tages die Architekten auftauchen: Mondgroße (Lebe)Wesen, die einem nicht
nachvollziehbaren ästhetischem Empfinden folgend ganze Planeten zu Skulpturen umformen und dabei jegliches…mehrMit Die Scherben der Erde liegt der erste Band der Architekten-Trilogie des bekannten britischen Autors Adrian Tchaikovsky vor.
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Menschheit im Weltall ausgebreitet, bis eines Tages die Architekten auftauchen: Mondgroße (Lebe)Wesen, die einem nicht nachvollziehbaren ästhetischem Empfinden folgend ganze Planeten zu Skulpturen umformen und dabei jegliches Leben zerstören.
Die Menschheit kann ihnen nichts entgegensetzen, weder konventionelle Waffen noch hochgezüchtete Kriegerklone scheinen ihnen etwas anhaben zu können. Es beginnen jahrzehntelange Flüchtlingswellen, die erst ihr Ende finden, als es dem Intermediär Idris, einem parapsychologisch begabten Menschen, gelingt, Kontakt mit einem Architekten aufzunehmen und ihm die Existenz der Menschheit bewusst zu machen.
Der Architekt verschwindet daraufhin tatsächlich und Jahrzehnte des Friedens brechen an. Der gefeierte Kriegsheld Idris sucht unterdessen die Abgeschiedenheit und verdingt sich als Schrottsammler am äußersten Rande des Universums. Bis er eines Tages bei einer Mission Anzeichen dafür entdeckt, dass die Architekten zurückgekehrt sind…
Auf den ersten Blick scheinen sich dabei meine Befürchtungen bestätigt zu haben. Von Anfang an wird der Leser mit Begriffen bombardiert, die allenfalls Genre-Lesern geläufig sind. Wir begegnen einer Vielzahl an außerirdischen Rassen, zahlreichen Planeten, unzähligen politischen Gruppierungen und werden mit unterschiedlichsten Technologien konfrontiert, die allenfalls in einem Nebensatz erklärt werden.
Auch inhaltlich scheint der Roman überfrachtet zu sein. Das bestimmende Motiv Tchaikovskys ist die Schilderung einer Welt, deren Bewohner ihren gemeinsamen Mittelpunkt verloren haben und in ihrem verzweifelten Streben nach Halt immer weiter auseinanderdriften. Mehrere politische Bewegungen versuchen dabei die Vorherrschaft zu erlangen, seien es nun Nachfolger der Erde, eine menschlich-identitären Bewegung oder die muschelartigen und gottähnlichen Essiel, die einen Schutz vor den Architekten zu bieten scheinen.
In unterschiedlichen Ausprägungen behandelt der Autor zudem noch weitere zeitgemäße Themen wie Rassismus, Nationalismus, Inklusion, Diaspora oder Flüchtlingsbewegungen. Für den Unterhaltungsfaktor ist dabei sicherlich hilfreich, dass er den Roman nicht als Plattform für seine eigenen politischen Ansichten nutzt, sondern diese Aspekte stimmungsvoll in seine Welt integriert.
Aus meinen bisherigen Ausführungen könnte man nun leicht den Schluss ziehen, dass der Roman einfach nicht genug Platz bietet, um all dem gerecht zu werden. Um der Informationsflut entgegenzuwirken, bedient sich der Autor daher verschiedenster Werkzeuge.
Hervorzuheben wäre dabei sein Hang zu Action-Szenen – der ganze Roman ist gespickt mit Kampfszenen, die aufgrund der unterschiedlichen Szenarien tatsächlich Abwechslung bieten. Tchaikovsky gelingt es dabei, die spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen Umgebung mit einzubeziehen und zögert auch nicht, wichtige Figuren sterben zu lassen, sodass der Leser gar nicht erst auf die Idee kommt, diesen Abschnitten weniger Aufmerksamkeit zu widmen.
Ein weiteres wichtiges Element seiner Erzählung sind die zahlreichen und vielfältigen Protagonisten, die einem im Laufe der Handlung ans Herz wachsen. Liebevoll beschreibt und behandelt der Autor Menschen und Außerirdische mit all ihren inneren und äußeren Macken. So reichen bereits einige wenige seiner unterhaltsamen Dialoge aus, damit sie uns ans Herz wachsen. Gerade die Interaktionen der Crew der Geiergott lässt den ansonsten weiten Erzählwinkel von Tchaikovsky schrumpfen und erdet die ganze Handlung.
Ein weiter wichtiger Aspekt des Romans ist die Schilderung der Weltraumreisen. Die Menschheit kann sich im Weltraum nämlich nicht frei bewegen, sondern ist auf die Nutzung von Passagen angewiesen, die sich zwischen allen Planeten befinden. Außerhalb dieser Passagen liegt der sogenannte Unraum. Betreten normale Lebewesen diesen Unraum, so verlieren sie innerhalb kürzester Zeit den Verstand. Einzig die Intermediäre sind in der Lage, diesen Raum einigermaßen unbeschadet zu durchqueren und sind daher gefragte Piloten und Navigatoren.
Allerdings machen ihre parapsychischen Kräfte sie gleichzeitig auch zum einzigen Mittel der Menschheit gegen die Bedrohung der Architekten. Dabei kämpfen sie nicht im herkömmlichen Sinne – physische Gewalt kann den Architekten nichts anhaben – sondern versuchen vielmehr psychisch zu ihnen vorzudringen und Kontakt aufzunehmen. Die Schilderungen der Reisen durch den Unraum und die Kontaktaufnahmen mit den Architekten gehören dabei sicherlich zu den Highlights des Romans, liegen sie doch jenseits aller Konventionen.
Fazit:
Mit Die Scherben der Erde legt Adrian Tchaikovsky einen gelungenen Auftaktband hin, der trotz seiner Informationsflut durch ein spannendes Szenario und zahlreiche Action-Szenen begeistern kann. Sicherlich kein Meisterwerk, aber eine überaus unterhaltsame Lektüre!